Geschichten

Ukraine-Krise: Der Blick aus Polen

Ein Update von unserem Global Emergency Response Team

Eigentlich sollte niemand seine Flucht vor Gewalt beschreiben müssen, doch genau das geschieht in diesen Tagen in der Ukraine.

«Als der Konflikt begann, wollten wir zur Grenze. Es war gefährlich, und wir hatten Angst», sagt Ganna, die ihr ganzes Leben in der Ukraine verbracht hat. Als die Gewalt dort anfing, war ihr klar, dass sie gehen musste. Zusammen mit ihren Kindern, ihrer Freundin Kateryna und deren Familie sind sie nach Polen geflüchtet.

«Unsere Söhne und Ehemänner sind zurückgeblieben», fügt Ganna hinzu. «Wir hoffen, dass wir sie wiedersehen.»

Seit dem Beginn der Eskalation am 24. Februar 2022 sind rund zwei Millionen Menschen aus der Ukraine in die Nachbarländer geflüchtet. Die Zahl wächst jedoch so schnell, dass sie bereits veraltet sein könnten, während Sie diese Zeilen lesen. Wie Ganna und Kateryna sind viele der Geflüchteten Frauen und Kinder. Sie berichten von Bombenangriffen, langen Wegen im Schnee bei Minusgraden, von der Ungewissheit, wie es weitergeht und wann sie ihre Familien wiedersehen werden.

Unser Nothilfeteam ist in Polen vor Ort und liefert dringende Hilfe für vor dem Konflikt geflüchtete Familien.

Die Situation an der polnisch-ukrainischen Grenze

Seit unserer Ankunft in Polen hat unser Nothilfeteam Gemeinschaften in der Nähe der polnisch-ukrainischen Grenze besucht. Wir wollen die Situation der vor dem Konflikt geflüchteten Familien verstehen, sowie die Lage derjenigen in Polen, die sie aufnehmen.

Wie in vielen anderen an die Ukraine angrenzenden Ländern haben auch in Polen lokale Organisationen und Freiwilligennetzwerke eine enorme Hilfsbereitschaft gezeigt. In einer Stadt sind in wenigen Tagen zwischen 10 000 und 20 000 Menschen aus der Ukraine angekommen. Der städtische Bahnhof ist in ein Aufnahmezentrum für Geflüchtete umgewandelt worden. Rettungskräfte haben medizinische Notfallhilfe geleistet, während lokale Freiwillige warme Mahlzeiten und Decken verteilten.

«Tatsächlich sind die Freiwilligen zurzeit die wahren Heldinnen und Helden», sagt Damon Elsworth, Leiter von Medairs Nothilfeteam. «Viele von ihnen haben dafür eine Woche lang von ihrer Arbeit frei genommen.»

In einer anderen Gemeinschaft in Grenznähe hat der Bürgermeister Bartosz unserem Team erklärt, warum sie unbedingt die vor dem Konflikt in der Ukraine flüchtenden Menschen unterstützen wollen.

«In der Ukraine haben viele aufgrund von Bombenanschlägen und Checkpoints Schwierigkeiten, die Grenze zu erreichen. Es ist nicht einfach», erklärt Bartosz. «Wir haben die Not erkannt und fühlen mit den Menschen, die über die Grenze kommen.»

Er selbst fühlt sich persönlich betroffen.

«Ich habe ein sieben Monate altes Baby», sagt Bartosz. «Zu Beginn, als die ersten Menschen angekommen sind, habe ich zahlreiche kleine Kinder mit ihren Eltern gesehen. Viele von ihnen haben geweint. Als Vater eines sieben Monate alten Kindes konnte ich gut nachempfinden, was diese Familien durchmachen. Ich will helfen, wo ich kann.»

An den Grenzen besteht ein dringender Bedarf an humanitärer Unterstützung. Vor allem werden dringend lebenswichtige Güter wie Seife, Decken und Hygieneartikel für Frauen benötigt. Angesichts der Zerstörung und des Traumas in der Ukraine sind sowohl medizinische als auch psychosoziale Unterstützung erforderlich. Lokale Organisationen und Freiwilligennetzwerke sind Kern des Einsatzes. Doch auch sie stossen mit der zunehmenden Zahl der Vertriebenen an ihre Grenzen.

Die nächsten Schritte

Zurzeit analysiert unser Team in Polen den Bedarf. Es entscheidet, wie wir die Familien unter Berücksichtigung ihrer Bedürfnisse, ihrer Würde, ihres Wohlbefindens und ihrer psychischen Gesundheit unterstützen können. Um für eine möglichst effiziente Unterstützung möglichst vieler Menschen zu sorgen, arbeiten wir eng mit lokalen Akteuren, Freiwilligennetzwerken und anderen humanitären Organisationen zusammen.

Im Zuge der Vorbereitungen für unseren Einsatz in Polen sind wir uns der wachsenden humanitären Bedürfnisse in der Ukraine sehr bewusst. Wir bemühen uns um die erforderlichen Genehmigungen und Zugangsrechte, damit wir so bald wie möglich mit der Unterstützung in der Ukraine beginnen können.

Dieser Konflikt führt zu einer humanitären Katastrophe. Sowohl der ständig wachsende Bedarf an humanitärer Unterstützung als auch die Geschichten von Menschen, die es sicher aus der Ukraine geschafft haben, machen dies deutlich. Wenn wir jetzt handeln, können wir Familien wie der von Ganna und Kateryna die nötige Unterstützung zur Bewältigung ihres Traumas und Hoffnung für die kommenden Tage geben.

Es darf keine Sekunde verloren gehen.

Handeln Sie jetzt. Senden Sie noch heute Unterstützung für vom Konflikt in der Ukraine betroffene Familien.


Alle Zahlen stammen vom UN Amt für die Koordinierung humanitärer Angelegenheiten.

Dieser Artikel wurde von Mitarbeitenden von Medair in den Einsatzgebieten und am internationalen Hauptsitz verfasst. Die vertretenen Ansichten sind ausschliesslich die von Medair und in keiner Weise auf offizielle Positionen anderer Hilfsorganisationen übertragbar.

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