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Der Bedarf an psychosozialer Unterstützung in der Ukraine

Wie Medair medizinisches Fachpersonal schult, um die psychische Gesundheit der Menschen in der Ukraine zu unterstützen

«Die Organisation dieser Schulungen hat mir sehr gut gefallen. Ich habe bereits eine Menge Interessantes gelernt. Vieles kannte ich zwar schon, aber ich hatte noch nie gründlich darüber nachgedacht. Ich habe neue Dinge gelernt und weiss jetzt, wie ich sie in meiner Arbeit anwenden kann, um die Menschen besser unterstützen zu können. Vor allem in einer Zeit, die für alle so schwierig ist», sagt Jaroslaw, ein Hausarzt mit 28 Jahren Erfahrung im medizinischen Bereich.

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Jaroslaw, Hausarzt von Beruf, spricht mit mir über die Vorteile der Schulung. ©Medair/Diana Mukan

Seit dem Ausbruch des Krieges in der Ukraine vor über zwei Jahren haben viele Menschen mit tiefgreifenden psychischen Problemen zu kämpfen. Verschiedene traumatische Ereignisse haben dazu geführt, dass zahllose Menschen psychosoziale Unterstützung benötigen, um die emotionalen Folgen, einschliesslich Stress, zu bewältigen.

Medair ist sich der besonderen Bedürfnisse der von bewaffneten Konflikten betroffenen Menschen bewusst und hat ein Schulungsprogramm für medizinische Fachkräfte ins Leben gerufen. Es soll dieser Berufsgruppe die notwendigen Fähigkeiten vermitteln, um Betroffenen psychologische Hilfe zu leisten. Es wird dabei auf die häufigsten psychischen Erkrankungen eingegangen: Depressionen, akute Stressreaktionen, Angstzustände, posttraumatische Belastungsstörungen, Suizidalität und Substanzkonsumstörungen.

Die Schulungen bieten eine Reihe von Aktivitäten an, die das Wissen und die Fähigkeiten der Teilnehmenden im Umgang mit psychischen Problemen verbessern sollen. Dazu zählen unter anderem Vorträge, Rollenspiele, Gruppendiskussionen, die Besprechung von Fallstudien und Fragerunden. Übergeordnetes Ziel ist es, die Zusammenarbeit in diesem Bereich mit anderen Akteuren zu fördern und das Engagement von Regierungen, internationalen Organisationen und verschiedenen Interessengruppen im Umgang mit psychischen und neurologischen Störungen sowie Drogenmissbrauch zu stärken.

Letzten Monat hatte ich Gelegenheit, eine dieser Schulungen zu besuchen. Insgesamt haben 30 Personen, die alle im Gesundheitswesen angestellt sind, teilgenommen. Durchgeführt wurden die Sitzungen von Iryna und Volodymyr, die beide über langjährige Erfahrung in der Zusammenarbeit mit NGOs verfügen.

Iryna ist seit über 25 Jahren als Psychotherapeutin tätig. Zu Beginn betonte sie, wie wichtig Schulungen zur Förderung des gemeinsamen Lernens sind. Über die reine Vermittlung von Fertigkeiten hinaus schaffen sie ein dynamisches Umfeld für Teilnehmende mit unterschiedlichem Hintergrund und fördern den Austausch zwischen erfahrenen Fachleuten und solchen mit neuen Perspektiven.

«Workshops zu leiten ist nicht nur ein Teil meiner Arbeit, sondern auch eine Gelegenheit, sinnerfüllte Gespräche zu führen und die Wirkung zu verfolgen. Unser Publikum ist interessant und vielfältig. Das Ziel unserer Veranstaltungen ist nicht nur die Vermittlung von Wissen und Fähigkeiten, sondern auch eine Bewusstseinsveränderung. Während der Sitzungen beobachte ich Teilnehmende mit unterschiedlichen Lebenserfahrungen – Vertreter von humanitären Organisationen und Vertreter von kleinen Gemeinschaften; Menschen die noch relativ am Anfang ihrer Karriere stehen und solche, die mehr Jahre im Beruf verbracht haben als andere im Leben. Sie sind zu einem Treffpunkt für verschiedene Generationen geworden, an denen sie Erfahrungen teilen und sich untereinander austauschen können», sagt Iryna.

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Iryna, eine Psychotherapeutin mit 25 Jahren Erfahrung, bereitet sich zusammen mit Volodymyr, einem Psychotherapeuten mit langjähriger Erfahrung, auf die Schulung vor. ©Medair/Diana Mukan

Nach meinem Gespräch mit Iryna traf ich mich mit den medizinischen Fachkräften in der Haupthalle zur Schulung. Ein Luftangriffsalarm unterbrach unsere Unterhaltung und veranlasste alle, sich schnell in den Luftschutzkeller zu begeben. Nachdem der Alarm abgeklungen war, kehrten wir in die Halle zurück, um ein Gemeinschaftsspiel zu spielen. Die Teilnehmenden wurden in Gruppen aufgeteilt und schlüpften entweder in die Rollen von Ärzten oder Patienten. Ich beobachtete wie sich alle aktiv am Spiel beteiligten, mit wie viel Engagement sie bei der Sache waren. Das Spiel war jedoch nicht nur unterhaltsam, sondern trug auch zu einem tieferen Verständnis des Stoffes bei und förderte den Zusammenhalt des Teams.

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Alle der 30 Teilnehmenden der Schulung sind in der gesamten Ukraine im medizinischen Bereich tätig. Einige von ihnen arbeiten direkt mit Menschen, die in den besetzten Gebieten leben. ©Medair/Diana Mukan

Einer der Teilnehmenden, Hryhorii, arbeitet als Allgemeinmediziner und verfügt über 47 Jahre medizinische Erfahrung. Er erzählte, wie er die Schulung erlebt hat: «Diese Schulungen sind eine unglaubliche Erfahrung, und ich wünschte mir fast, sie würden länger dauern. Ich hoffe, dass mehr Fachleute daran teilnehmen. Vor allem Leute aus verschiedenen Ebenen der medizinischen Laufbahn. Das hier vermittelte Wissen ist nicht nur für junge Mediziner von Nutzen, sondern auch für erfahrene Experten wie mich. Die Klarheit, mit der die Informationen vermittelt werden, ist bemerkenswert, und der moderne Ansatz des Prozesses ist lobenswert.»

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Hryhorii , Allgemeinmediziner mit über 47 Jahre medizinischer Erfahrung, teilt seine Eindrücke von der Schulung. ©Medair/Diana Mukan

Auch Oleg befand die Schulung als sehr wichtig und wertvoll. Er arbeitet derzeit für eine humanitäre Organisation, die in befreiten Regionen tätig ist. « Ich bin beeindruckt von der Relevanz und Notwendigkeit der erworbenen Informationen für meine berufliche Arbeit. Bei der medizinischen Versorgung in befreiten Gebieten treffe ich auf eine grosse Anzahl von Menschen mit unterschiedlichen psychischen Problemen. Diese Schulungen sind wirklich nützlich, um diese Menschen zu unterstützen.»

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Oleg, 54 Jahre alt, arbeitet als Therapeut bei einer Nichtregierungsorganisation in der Ukraine. ©Medair/Diana Mukan

Am Ende der Schulung bedankten sich die Teilnehmer für das neu erworbene Wissen und dankten Medair für die Durchführung der Schulung.

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Volodymyr erklärt, wie man Menschen mit psychischen Störungen helfen kann. ©Medair/Diana Mukan


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Als der Fliegeralarm ausgelöst wurde, begaben sich alle Teilnehmende in den Keller und führten ihr Training ohne Unterbrechung fort. ©Medair/Diana Mukan

 


Die Massnahmen von Medair im Osten der Ukraine werden von der Glückskette finanziert.

Alle Fotos ©Medair / Diana Mukan

Dieser Artikel wurde von Mitarbeitenden von Medair in den Einsatzgebieten und am internationalen Hauptsitz verfasst. Die vertretenen Ansichten sind ausschliesslich die von Medair und in keiner Weise auf offizielle Positionen anderer Hilfsorganisationen übertragbar.

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