Grosse Impfkampagne

Es ist eine der grössten Impfkampagnen in der dreissigjährigen Geschichte von Medair im Südsudan. Von August bis Oktober 2022 hat unser Nothilfeteam 138 037 Kinder und Jugendliche im Alter von sechs Monaten bis 15 Jahren geimpft, um sie vor einer Ansteckung mit Masern zu schützen. Im Südsudan ist die gefährliche Kinderkrankheit aufgrund sehr niedriger Impfraten immer noch eine grosse Bedrohung. Nachdem der Masernausbruch in der Hauptstadtregion Juba im Juli offiziell bestätigt wurde, schlossen sich Medair und andere Partnerorganisationen zusammen, um zu handeln.

«Nicht weit von uns entfernt wurden Masernfälle gemeldet. Kinder wurden sehr krank. Ich fühlte mich in dieser Situation sehr unwohl. Masern sind eine sehr gefährliche Krankheit; ich habe gehört, dass Kinder sehr hohes Fieber bekommen und sogar blind werden können. Also habe ich dafür gesorgt, dass meine Kinder geimpft werden. Ich selbst habe mich dem Medair-Impfteam angeschlossen und wurde entsprechend geschult. Zusammen mit Medair bin ich jetzt in meiner Gemeinde aktiv, damit sich die Masern nicht ausbreiten», berichtet Martha. Sie hat vier Kinder und ist eine von vielen im Ausbruchsgebiet, die sich bereit erklärt haben, an der Impfkampagne teilzunehmen. Ohne das Engagement der Gemeinschaft und die finanzielle Unterstützung durch die Europäische Union wäre die Kampagne nicht realisierbar gewesen.

A male humanitarian aid worker prepares a dose of measles vaccine for injection while children are waiting in front of him.

An viele Impfstellen von Medair kamen mehr Kinder als erwartet. Hier bereitet einer der Impfassistenzen eine Dosis zur Injektion vor. ©Medair/Stefan Kewitz

Medair konnte innerhalb kürzester Zeit insgesamt 60 Impfteams für Massenimmunisierungen zusammenstellen und schulen. Der Erfolg der Impfkampagne ist keineswegs selbstverständlich. Die Infrastruktur des Landes stellt viele Herausforderungen an die Umsetzung solcher Projekte. «Die schlechte Datenlage hier vor Ort hat unsere Planung deutlich erschwert. Unsere Zielgruppe für die Impfkampagne in der Region umfasste schätzungsweise knapp 60 000 Kinder im Alter von sechs Monaten bis 15 Jahren. Wir merkten schnell, dass diese Schätzungen nicht zutrafen, als deutlich mehr Kinder als erwartet für die Impfungen angemeldet wurden. Es war nicht einfach, während der Kampagne genügend Impfstoffe für mehr als 138 000 Kinder zu beschaffen, aber dank der guten Arbeit unseres Teams ist es gelungen», sagt Projektkoordinatorin Melanie Pol.

Humanitärer Helfer impft einen Schuljungen gegen Masern

Kein Kind mag Spritzen, aber diese hier ist wichtig. In einer Schule in der südsudanesischen Hauptstadt Juba injiziert ein Medair-Impfassistent einem Jungen den Impfstoff, der ihn vor Masern schützt. ©Medair/Stefan Kewitz

Eine besondere Herausforderung für unser Logistikteam war es, diese Impfstoffe für den Einsatz in abgelegenen Impfzentren ausreichend kühl zu lagern. «Wenn der Impfstoff nicht kalt genug ist, verliert er seine Wirksamkeit», erklärt Medair-Logistiker Simon. Mit grossen Kühlboxen waren er und seine Teammitglieder laufend im Einsatz, um die verschiedenen Impfzentren mit Impfstoffen und Vorräten zu versorgen. «Es war oft schwierig, genügend Kühlakkus zu finden. Hier in Juba gibt es zu wenige Anlaufstellen, um die Kühlkette sicherzustellen. Da parallel andere Impfkampagnen durchgeführt wurden, war es wichtig, schnell zu sein und im Voraus zu planen, um sicherzustellen, dass der Impfstoff gekühlt werden konnte», erinnert sich Simon.

Zwei humanitäre Helfer im Südsudan tragen eine Kühlbox mit Masernimpfstoffen.

Die beiden Logistiker Simon und Julius haben während der Impfkampagne alle Hände voll zu tun, um sicherzustellen, dass an keiner Impfstelle die Vorräte ausgehen. Diese Kühlbox ist unerlässlich, um die Impfstoffe auf der richtigen Temperatur zu halten. ©Medair/Stefan Kewitz


Ein humanitärer Helfer im Südsudan legt Masernimpfstoffe in eine Kühlbox.

Masernimpfstoffe müssen kühl gelagert werden, damit sie ihre Wirksamkeit behalten. Der Aufbau einer Kühlkette ist im Südsudan eine grosse Herausforderung. © Medair/Stefan Kewitz

Der Erfolg der Kampagne ist auch der grossartigen Arbeit der Impfteams unter schwierigen Bedingungen zu verdanken. Die Impfung der vielen Kinder ist eine enorme Leistung, vor allem bei den hohen Temperaturen. Da vor allem die jüngeren Kinder oft Angst vor Spritzen haben, zeigen sie sich zunächst meist wenig dankbar für den Schutz, den die Impfung ihnen gibt. «Wer mag schon Spritzen», lächelt Teamleiter Khon verständnisvoll. Selbst nach einem langen Impfmarathon wie an diesem Tag haben sein Lachen und die Freude an seiner Arbeit nicht gelitten. «Es ist anstrengend, hier stundenlang zu stehen und Kinder zu impfen. Meine Beine werden heute Abend brennen. Aber die Kinder mit dem Impfstoff zu schützen und die Ausbreitung der Krankheit zu verhindern, ist meine Motivation und jede Mühe wert.»

Kinder in einem Rinderhof im Südsudan werden von einem humanitären Helfer zur Masernimpfung angemeldet.

Normalerweise werden die Kinder in diesem abgeschiedenen Rinderhof nicht von Impfkampagnen erreicht. Dementsprechend gross ist der Andrang, wenn unsere Impfbeauftragten die Kinder zur Impfung registrieren. © Medair/Stefan Kewitz

Nach Abschluss der Impfkampagne haben Khon und sein fleissiges Team mehr als 138 000 Kinder gegen Masern geimpft – mehr als doppelt so viele, wie zu Beginn vorgesehen waren. In den Regionen, in denen Medair die Impfkampagne betreute, liegt die Impfrate jetzt bei 98,8 Prozent. Das ist ein grosser Erfolg für unser Nothilfeteam, und auch einer, bei dem wir eine Menge wichtige Erfahrungen sammeln konnten. Aufgrund des geringen Impfschutzes in anderen Teilen des Landes wurden bereits weitere Masernausbrüche gemeldet. Auch dort ist unser Team zurzeit mit vollem Engagement im Einsatz.

 Schulkinder auf einem Schulhof zeigen ihre Anmeldekarten für die Masern-Impfung.

Diese Schulkinder wurden gerade zur Masern-Impfung angemeldet und freuen sich darauf, bald vor der Krankheit geschützt zu sein. © Medair/Stefan Kewitz

 


Die Impfkampagne gegen Masern wurde mit Hilfe der Europäischen Union (ECHO) gefördert.

Dieser Artikel wurde von Mitarbeitenden von Medair in den Einsatzgebieten und am internationalen Hauptsitz verfasst. Die vertretenen Ansichten sind ausschliesslich die von Medair und in keiner Weise auf offizielle Positionen anderer Hilfsorganisationen übertragbar.

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