Der kleine Baryali wird von einer Ärztin in einer von Medair unterstützten Gesundheitseinrichtung in Südafghanistan untersucht. ©Medair
In Afghanistan herrscht eine der komplexesten humanitären Krisen der Welt. Die Bevölkerung leidet unter dem fehlenden Zugang zu grundlegenden Dienstleistungen, der tief verwurzelten Armut, den anhaltenden dürreähnlichen Bedingungen,¹ den Auswirkungen des Klimawandels, Naturkatastrophen und wirtschaftlichen Turbulenzen.² Nun hat sich die humanitäre Krise durch den Zustrom von afghanischen Rückkehrern aus Pakistan noch verschärft.
Am 3. Oktober 2023 führte Pakistan den «Repatriierungsplan für illegale Ausländer» ein, der alle Einwanderer ohne gültige Papiere zum Verlassen des Landes verpflichtet. Diese Regelung, die am 1. November 2023 in Kraft trat, betrifft schätzungsweise über 1,3 Millionen afghanische Geflüchtete. Bis zum 10. Februar 2024 hatten bereits mehr als 515 000 Afghaninnen und Afghanen – darunter etwa 20% Kinder unter 5 Jahren – Pakistan verlassen und waren über die Grenzübergänge Torkham und Spin Boldak nach Afghanistan zurückgekehrt. ³
Die Lage an der Grenze ist katastrophal und die humanitären Bedürfnisse dieser Rückkehrer sind enorm. Sie kommen in der Regel mit wenigen Habseligkeiten an. Ihre Zukunft in Afghanistan ist ungewiss. Für die Rückkehrer stehen nur begrenzte Mittel zur Verfügung, und die Hilfsmassnahmen von Medair in der südlichen Region Afghanistans leisten wichtige Unterstützung, insbesondere für Frauen und Kinder, die unverhältnismässig stark vom fehlenden Zugang zur medizinischen Versorgung betroffen sind.
2024 ist Medair seit 28 Jahren in Afghanistan im Einsatz. Medair bietet den bedürftigsten Menschen, darunter auch Rückkehrern aus Pakistan, eine Reihe von lebensrettenden und lebenserhaltenden Dienstleistungen an. Medair reagiert auf die Krise an der Grenze und die allgemeine humanitäre Krise, indem wir den Zugang zu medizinischer Versorgung, psychosozialer Unterstützung, Ernährung, sanitären Einrichtungen und sauberem Wasser verbessern. Ein wichtiger Aspekt dieser Arbeit ist die Aufklärung über weit verbreitete Krankheiten und über die Möglichkeiten ihrer Prävention, beispielsweise Impfungen, sauberes Wasser und Hygienepraktiken. Zu unseren Angeboten gehört auch die Ernährungsberatung; speziell schwangere Frauen und Mütter klären wir über eine gesunde Ernährung während der Schwangerschaft und für ihre Kinder auf, und bieten Unterstützung beim Stillen.
Die 40-jährige Malali ist eine der Personen, die von den Hilfsmassnahmen von Medair profitiert haben. Sie erzählt:
«Wir sind vor kurzem aus Pakistan zurückgekehrt. Wir haben derzeit keinen Ort, den wir unser Zuhause nennen können, und wir haben nichts mitgebracht. Mein kleiner Sohn Baryali war hungrig. Meine Milchmenge reichte nicht aus, um ihn zu ernähren. Aber wir konnten es uns nicht leisten, ihm Milch zu kaufen. Als ich das erste Mal in diese Klinik kam, bekam ich Nahrungsergänzungsmittel und die haben sich wirklich [positiv] auf den Zustand meines Sohnes ausgewirkt. Ich bin jetzt sehr glücklich über den Zustand meines Sohnes, und ich danke dem Personal dieser Klinik für ihre Hilfe. Ich habe nichts, ausser der Hoffnung, dass ich Nahrung, Unterkunft und eine medizinische Hilfe für meine Kinder finde.»
Bei Malalis Sohn Baryali wurde eine akute Unterernährung diagnostiziert und er erhielt gebrauchsfertige Zusatznahrung. Diese Zusatznahrung ist reich an Vitaminen und Mineralien und hat massgeblich dazu beigetragen, dass sich Baryalis Zustand verbessert hat.
Ahmad Shah, Leiter einer von Medair unterstützten Klinik in Südafghanistan, berichtet von der tiefgreifenden Wirkung der geleisteten Arbeit.
Eine Mutter erhält in einem der Medair-Gesundheitszentren im Süden Afghanistans kostenlose Nahrungsergänzungsmittel. ©Medair
«In unsere Klinik kommen Menschen von nah und fern. Zu unseren Patienten gehören sowohl Ansässige als auch Rückkehrer. Jeden Tag bieten wir zahlreichen Rückkehrern wichtige Dienstleistungen an, darunter medizinische Versorgung, Impfungen, Ernährung und psychosoziale Unterstützung. Diese Leistungen sind von grosser Bedeutung, insbesondere für Rückkehrer, die mit leeren Händen und ohne Hab und Gut zurückgekommen sind. Diese Menschen benötigen dringend Kleidung, Nahrungsmittel, Unterkünfte und medizinische Versorgung. Die lokale Bevölkerung in diesem Gebiet ist gross, und die Dienstleistungen sind unzureichend. Trotz der Herausforderungen bleibt mein Team engagiert, tatkräftig und enthusiastisch. Ich bin wirklich stolz auf unsere Arbeit und den Beitrag, den wir zur Unterstützung dieser bedürftigen Menschen leisten.»
Frauen und Kinder im Wartesaal einer der Gesundheitseinrichtungen von Medair in Südafghanistan. ©Medair
Wir halten fest an unserem Engagement für die vulnerablen Menschen in Afghanistan. Trotz der Herausforderungen hat die dringend benötigte humanitäre Hilfe von Organisationen wie Medair weiterhin lebensrettende Wirkung. Medair ist dankbar für die grosszügige Unterstützung unserer Spenderinnen und Spender, die es uns ermöglicht, diese Hilfe fortzusetzen und auf den wachsenden humanitären Bedarf der afghanischen Bevölkerung zu reagieren.
*Alle Namen in diesem Artikel wurden aus Sicherheitsgründen geändert.
