Geschichten

Zurückgewonnene Erinnerungen

Medair schenkt Menschen durch den Wiederaufbau von Häusern neue Hoffnung.

«Ich verneige mich vor all den Menschen auf der Welt, die uns unterstützen. Ich bete für alle, die uns in dieser schwierigen Zeit geholfen haben», sagt Anna mit Tränen in den Augen.

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Anna erinnert sich an die Ereignisse, die ihr seit Beginn des bewaffneten Konflikts widerfahren sind, und berichtet den Medair-Mitarbeitern davon.

Vor dem Krieg war das Leben in Annas Dorf idyllisch. In der Ostukraine, nahe der Grenze, lebten die Menschen in Pervomaiske von der Landwirtschaft, ernährten sich von selbst angebauten Produkten und teilten die Gaben der Natur. Anna selbst verbrachte ihr ganzes Leben hier, von ihrer frühen Schulzeit an. Sie blieb sogar, nachdem sie ihre Ausbildung an der örtlichen Fachschule abgeschlossen hatte. Das Dorf war ein Paradies für die Einheimischen: Es gab viele Gärten, die Häuser waren mit wunderschönen Blumen geschmückt, und jede Familie züchtete verschiedene Arten von Vieh, darunter Hühner und Kühe. Ein spezieller Bus brachte zweimal am Tag Lebensmittel und andere Dinge, so dass niemand jemals hungern musste.

«Damals hatten wir alles, was wir wollten, und wir waren so glücklich», sagt Anna.

Doch dann begann der Konflikt. In den ersten drei Monaten kamen die Leute kaum aus ihren Kellern. Viele der Jüngeren verliessen das Dorf und machten sich auf den Weg in die abgelegenen städtischen Gebiete. Annas komfortable Welt war in nur einem Augenblick zusammengebrochen.

«Es war ein typischer Morgen», fängt Anna an zu erzählen. «Wie immer habe ich den Fernseher angemacht. In den Nachrichten habe ich dann von der Situation in der Ukraine erfahren. Aber der Gedanke, mein Dorf zu verlassen, ist mir gar nicht in den Sinn gekommen. Ich hätte gar nicht gewusst, wohin ich fliehen sollte.»

Annas Haus war ein wertvolles Erbstück, das von einer Generation an die nächste weitergegeben worden war. Es war voller Erinnerungen an die Leben ihrer Vorfahren. Leider hat es durch die bewaffneten Auseinandersetzungen im Land erhebliche Schäden erlitten.

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Fotos in Annas Haus, auf denen ihre nahen Verwandten abgebildet sind. Diese Fotos bewahrt sie viele Jahre lang sehr sorgfältig auf.

«Die Granatsplitter haben mein Dach durchlöchert, alle Fenster sind zu Bruch gegangen, auch die Türen sind zerstört worden», sagt Anna traurig. Durch das Dach drang das Wasser der Schneeschmelze ins Haus ein. Dies führte auch zu erheblichen Problemen im Innern des Hauses: Tapeten lösten sich ab, Feuchtigkeit drang in die Wände ein, und Möbel wurden beschädigt. Doch trotz aller Widrigkeiten ist Annas Haus ein Zeugnis ihrer Tapferkeit und ihres Glaubens.

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Ein Bild von der Außenseite von Annas Haus, das von Schüssen getroffen wurde.

«Ich werde den Tag, an dem Medair kam, nie vergessen. In unseren dunkelsten Stunden waren sie ein Licht der Hoffnung», sagt Anna mit einem Herzen voller Dankbarkeit. «Diese gutherzigen Menschen haben mein Dach repariert, die zerborstenen Fenster ersetzt und haben mir ein Stück meines Lebens zurückgegeben, das der Krieg gestohlen hatte. Jetzt, wo der Winter naht, kann ich gar nicht sagen, wie froh ich bin, dass Medair mir geholfen hat, mein Haus wiederaufzubauen. Ich habe wieder ein Dach über dem Kopf und Fenster, die mich vor der Kälte schützen.»

Für Anna stellt die Begegnung mit Medair einen Wendepunkt in ihrem Leben dar. Sie ist nun fest entschlossen, anderen zu helfen, die sich in einer ähnlich verheerenden Situation befinden. Gemeinsam können wir Licht spenden in einer Welt, die oft von Verzweiflung überschattet wird.

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Anna zusammen mit dem Medair-Mitarbeiter Vasyl Kurchenko, Infrastrukturbeauftragter, Shelter.

Vasyl Kurchenko, Medair-Beauftragter für Unterkünfte und Infrastruktur in der Ukraine, hat beim Wiederaufbau von Annas Haus mitgewirkt und erzählt: «Es macht mir grosse Freude, die Ergebnisse meiner Arbeit zu sehen, vor allem die Freude und Dankbarkeit der Menschen, denen wir helfen konnten. Die Arbeit bei Medair erfüllt mich sehr.»

Tausende Menschen in der Ukraine teilen Annas Schicksal. Angesichts des Ausmasses des Leids ist Medair allen Geldgebern gegenüber zutiefst dankbar für die Finanzierung unserer Hilfeleistungen, die wir den Betroffenen bieten können. Wir freuen uns, dass wir dazu beigetragen können, das Leben von Menschen wie Anna in diesen schwierigen Zeiten zu verbessern. Durch die Unterstützung wurde Medair für Anna zu einer Quelle der Hoffnung und inspirierte sie selbst dazu, anderen zu helfen und Hoffnung zu verbreiten.

 


Die Massnahmen von Medair im Osten der Ukraine werden unter anderem von der Glückskette, dem Auswärtigen Amt, der IF! Stiftung sowie dem Alborada Trust finanziert.

Dieser Artikel wurde von Mitarbeitenden von Medair in den Einsatzgebieten und am internationalen Hauptsitz verfasst. Die vertretenen Ansichten sind ausschliesslich die von Medair und in keiner Weise auf offizielle Positionen anderer Hilfsorganisationen übertragbar.

 

Alle Fotos ©Medair / Diana Mukan

 

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