Geschichten

Wie eine Landkarte zur Risikominderung in Madagaskar beiträgt

Wie wir mit Gemeinschaften zusammenarbeiten, um die Auswirkungen von Naturkatastrophen in Madagaskar zu verringern

Im Jahr 2021 machte Madagaskar weltweit Schlagzeilen. Der Inselstaat erlebte die schlimmste Dürre seit 40 Jahren, die zu einer schrecklichen Hungerkrise in der südlichen Region Grand Sud führte. Die nördlichen Regionen der Insel stehen dagegen vor einer ganz anderen Herausforderung: ein tödlicher Tropensturm nach dem anderen wütet in den Dörfern. Diese Stürme zerstören Häuser und Lebensgrundlagen, verseuchen die Wasserquellen und kosten oft einige Menschenleben.

An der Westküste des Landes befindet sich die Region Menabe. Auch wenn sie weiter im Süden der Insel liegt, ist die Gefahr durch die Tropenstürme dort nicht weniger gering. Viele der lokalen Gemeinden sind an oder in der Nähe von Flüssen oder Flussmündungen gebaut und weisen eine geringe Vegetationsdecke auf, so dass sie bei Stürmen mit starkem Regen schnell überflutet werden können. Weil der Meeresspiegel weiter steigt, sind die Gemeinden zudem von immer grösseren Fluten betroffen. Um den Gemeinschaften dabei zu helfen, sich besser gegen diese Naturgefahren zu wappnen, haben wir im Jahr 2020 unser bestehendes Frühwarnsystem auf diese Region ausgeweitet. Im Laufe dieses Projekts haben wir bis heute mit 184 Gemeinschaften zusammengearbeitet.

Dazu bieten wir Schulungen und Unterstützung zur Verringerung des Katastrophenrisikos (Disaster Risk Reduction, DRR) an. Im Rahmen dieser Katastrophenvorsorgeprogramme helfen wir Gemeinschaften, die Naturgefahren und Sicherheitsrisiken zu ermitteln, die ihr Dorf am stärksten bedrohen, und dann auf vorhandenem Wissen und Innovationen aufzubauen, um diese Risiken zu mindern.

In Menabe taten wir dies unter anderem, indem wir mit den Katastrophenschutzkomitees der einzelnen Gemeinschaften in Workshops zur Risikokartierung zusammenarbeiteten. In diesen Workshops bitten wir die Teilnehmenden zuerst, die möglichen Risikozonen ihrer Dörfer oder Gemeinden zu identifizieren. Hilfreich ist, dies visuell darzustellen. Dazu können die Teilnehmenden zum Beispiel eine Karte ihres Dorfes auf ein plakatgrosses Blatt Papier zeichnen und dann die Gebiete markieren, die anfällig für wiederkehrende Überschwemmungen oder Erdrutsche sind. Weiter eingezeichnet werden etwa die Fliessrichtung des Gewässers sowie mögliche Evakuierungszonen, falls das Wasser zu steigen beginnt. Unsere Ausbildenden unterstützen diesen Prozess durch technische Beratung dazu, wie wiederkehrende Risiken identifiziert und verringert werden können. Für jede Karte wird so ein individuelles Risiko und eine Strategie zur Risikominderung ermittelt. Am Ende jeder Reihe von Risikokartierungs-Workshops werden die handgezeichneten Karten in digitale Kopien umgewandelt und für jedes Dorf ausgedruckt. Dies stellt sicher, dass alle Bewohnenden ein klares Bild ihres Dorfes haben und das Wissen über die identifizierten Risiken langfristig verfügbar ist.

Albert hat an mehreren Katastrophenschutzschulungen bei Medair teilgenommen, unter anderem an einem Workshop zur Risikokartierung. Er ist Mitglied des Katastrophenschutzkomitees in seinem Dorf. «Ich schätze unsere Zusammenarbeit», sagt er. «Die Mehrfachrisiken-Karte ist für unsere Bevölkerung sehr nützlich. Ich erkläre den Menschen, die sich die Karte ansehen, sehr gerne, wie sie uns helfen wird, Überschwemmungen zu verhindern.»

 A man stands proudly in the centre of his village in Madagascar

Albert is a member of the Disaster and Risk Management committee in his village in the Menabe region. © Medair / Cédric Randrianjatovonala

Das Projekt hat sich als so erfolgreich erwiesen, dass es kürzlich von Madagaskars Nationalem Büro für Katastrophenmanagement (BNGRC) anerkannt wurde.

«Ziel dieses Projekts ist es, das Wissen der Bevölkerung im Umgang mit Naturgefahren zu erweitern», sagt der Vertreter des BNGRC in Menabe Mamisoa Andriamahefa . «Wir möchten Medair und den Spendenden dafür danken, dass sie sich besonders darum bemühen, das Bewusstsein der Gemeinschaften für die Katastrophenvorsorge zu schärfen.»

A man stands in front of a poster of a map, one arm motioning above his head, the other pointing at something on the poster

Ein Dorfvorsteher beschreibt die Risikokarte seiner Gemeinschaft, nachdem sie digital vervielfältigt und gedruckt worden ist © Medair / Cédric Randrianjatovonala


A man stands beside a 3D map depicting slopes and floodplains, arms wide as he explains the map

© Medair / Cédric Randrianjatovonala

Indem wir direkt mit den von Naturgefahren bedrohten Gemeinschaften zusammenarbeiten, können wir sicherstellen, dass die am stärksten betroffenen Menschen über die Kenntnisse und Fähigkeiten verfügen, die sie zum Schutz ihrer Dörfer benötigen. Mögliche Risiken, die Überschwemmungen und Tropenstürme mit sich bringen, werden somit verringert. Langfristig kann dies mit Sicherheit dazu beitragen, Leben zu retten.

 


Das Frühwarnsystem von Medair in Madagaskar hat zum Ziel, die Auswirkungen von Naturkatastrophen wie Wirbelstürmen und Überschwemmungen zu verringern. Es wird von der Humanitären Hilfe der Europäischen Union mitfinanziert.

Dieser Artikel wurde von Mitarbeitenden von Medair in den Einsatzgebieten und am internationalen Hauptsitz verfasst. Die vertretenen Ansichten sind ausschliesslich die von Medair und in keiner Weise auf offizielle Positionen anderer Hilfsorganisationen übertragbar.

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