In der Wintersaison ist die Versorgung mit Brennholz für unzählige Menschen unverzichtbar, vor allem für diejenigen, die sich in einer prekären Situation befinden, wie zum Beispiel Binnenvertriebene. Medair setzt sich dafür ein, dass auch sie in den Wintermonaten eine warme Unterkunft haben. In diesem Winter hat Medair über 174 Menschen in fünf Gemeinden in der Region Winnyzja mit Brennholz versorgt. Unter ihnen war auch Natalija, eine 64-jährige Binnenvertriebene aus der Region Donezk.
Nataliya steht mit einer Mitarbeiterin von Medair neben dem Brennholz, das Medair ihr für den Winter geliefert hat. ©Medair/Diana Mukan
Am Leben von Nataliya können wir sehen, wie unerwartete Herausforderungen Menschen dazu bringen können, einen Neuanfang zu suchen. Nach einer Reihe erschreckender Ereignisse, darunter Explosionen und ständigem Beschuss ihrer Heimatstadt, beschlossen Nataliya und ihr Mann, die Flucht anzutreten.
„Täglich schrillten die Sirenen. Unsere Stadt stand unter schwerem Beschuss. Wir sassen einfach im Keller, als die Explosionen weitergingen und Schulen, Krankenhäuser – einfach alles – trafen“, schildert Nataliya.
Das Grauen wurde für Nataliya und ihren Mann unerträglich, so dass sie eines Tages ihre Habseligkeiten zusammenpackten, um sich auf den Weg an einen friedlicheren Ort zu machen. Es war kein leichter Weg: „Zunächst fuhren wir in eine andere Stadt, wo unser Auto eine Panne hatte. Nachdem wir es repariert hatten, setzten wir unsere Reise nach Winnyzja fort. Wir fuhren durch Felder, aber wir hatten wirklich Angst und waren besorgt, weil uns alles unbekannt war“, erinnert sich Nataliya.
In ihrem neuen Zuhause wurde Nataliya viel Unterstützung entgegengebracht. Mit Hilfe ihrer Tochter konnte sie ein Haus mit einem kleinen Garten erwerben. Die Einheimischen zeigten Mitgefühl und Freundlichkeit und versorgten sie grosszügig mit lebensnotwendigen Dingen wie Lebensmitteln. Regelmässig brachten sie ihr Kartoffeln und frisches Brot vorbei. Diese Unterstützung erfolgte in Form von gegenseitiger Hilfe und Großzügigkeit, was ihre Geschichte besonders warmherzig und inspirierend macht.
Eine der zwei Ziegen, die Nataliya erworben hat. ©Medair/Diana Mukan
«Hier, umgeben von Natur und freundlichen Nachbarn, fühle ich mich wirklich wohl. Hier ertönen die Sirenen und Explosionen nicht ständig und das hilft mir, zur Ruhe zu kommen. Ich habe es sogar geschafft, zwei Ziegen zu erwerben. Im letzten Winter habe ich die Ernte aus meinem Garten und im Obstgarten genossen – mein eigenes Gemüse und Obst», erzählt Nataliya über ihren neuen Wohnsitz.
Nataliya in ihrem neuen Zuhause. ©Medair/Diana Mukan
Medair wurde für Nataliya zu einer wichtigen Stütze an ihrem neuen Wohnort. Ihre Neffen arbeiteten als Freiwillige für Medair und machten sie mit Vertretern von Medair bekannt. «Sie waren unglaublich warmherzig und freundlich. Kurz darauf lieferte Medair Brennholz an mich. Ich kann gar nicht ausdrücken, wie wichtig das für mich war. Mit meiner bescheidenen Rente konnte ich es mir nicht leisten, selbst Brennholz zu kaufen. Und das ist vor allem im Winter so wichtig, um ein warmes Haus zu haben», erklärt Nataliya.
Nataliya mit einem Medair-Mitarbeitenden in ihrem Haus. ©Medair/Diana Mukan
«Bitte übermitteln Sie Ihrer Organisation meine aufrichtige Dankbarkeit. Ich habe so viele leere Versprechungen von anderen Organisationen und Personen gehört, dass ich den Glauben verloren hatte, aber Medair hat sich als wahrer Segen erwiesen», fügt sie mit einem Funkeln in den Augen hinzu.
Als sich unser Gespräch dem Ende zuneigt, sagt Nataliya: «In meine Heimatstadt werde ich nicht zurückgehen, denn ich weigere mich, in die Vergangenheit zurückzukehren. Jetzt konzentriere ich mich darauf, mir hier ein neues Leben aufzubauen. Mein Hauptziel nach dem Krieg ist es, ins Ausland zu reisen, wo ich andere Kulturen kennenlernen möchte.»
Auf dem Bett trocknet Nataliya Erbsenschoten für die weitere Verwendung auf dem Hof. ©Medair/Diana Mukan
Brennholz, das Medair Nataliya vor der Wintersaison geliefert hat. ©Medair/Diana Mukan
Die Massnahmen von Medair in Winnyzja, Ukraine, werden von der Glückskette finanziert.
Alle Fotos ©Medair / Diana Mukan
Dieser Artikel wurde von Mitarbeitenden von Medair in den Einsatzgebieten und am internationalen Hauptsitz verfasst. Die vertretenen Ansichten sind ausschliesslich die von Medair und in keiner Weise auf offizielle Positionen anderer Hilfsorganisationen übertragbar.
