Geschichten

Klimakrisen sind humanitäre Krisen

Warum Klimahandeln auch für die humanitäre Hilfe wichtig ist

Mit jedem neuen Tag verdichten sich die Hinweise auf ein überwältigend klares Bild: Der Klimawandel ist die heute weltweit grösste humanitäre Bedrohung der Zukunft.

In unserer Arbeit sehen wir die direkten Auswirkungen schon heute. Extreme Wetterereignisse werden immer häufiger, heftiger und weniger vorhersehbar. Naturkatastrophen fordern nicht nur Todesopfer und Verletzte. Auch Dürreperioden und Überschwemmungen führen häufig zu Ernteausfällen oder zur Verunreinigung von Wasserquellen. Hunger und Krankheiten nehmen zu.

Daneben gibt es die indirekten Folgen der Klimakrise: Konflikte um die immer knapper werdenden natürlichen Ressourcen führen häufiger zu Vertreibungen von Menschen. Die weltweiten Krankheitsmuster ändern sich, wirtschaftliche Instabilität treibt noch mehr Menschen in die Armut, und die Summe der aufeinander folgenden Katastrophen macht aus kurzfristigen Krisen langanhaltende Notlagen. Die kausalen Zusammenhänge mögen komplex sein, doch eines ist klar: der Klimawandel verstärkt die bestehenden Ursachen von Armut und Leid. Fest steht zudem, dass bereits notleidende Menschen weitaus stärker betroffen sind, und dass die Schwächsten die Hauptlast tragen.

Sofern keine drastischen Massnahmen ergriffen werden, könnte die Zahl der auf internationale Hilfe angewiesenen Menschen aufgrund der Folgen des Klimawandels in diesem Jahrzehnt um 50 % ansteigen und sich bis 2050 sogar verdoppeln .

Medair hat bereits seit Jahren auf die Folgen des Klimawandels reagiert. Wir unterstützen betroffene Gemeinschaften beim Wiederaufbau und bei der Vorbereitung auf künftige extreme Wetterverhältnisse, z. B. durch den Bau von überschwemmungs- und windsicheren Unterkünften oder die Einrichtung eines Frühwarnsystems für Zyklone. Im Jahr 2013 hat der Taifun Haiyan mehr als eine Million Häuser auf den Philippinen beschädigt und Millionen von Menschen obdachlos gemacht. Die Philippinen erleben eine Zunahme extremer tropischer Wirbelstürme, die mit dem Klimawandel in Verbindung gebracht wird. Zum Schutz vor zukünftigen verheerenden Auswirkungen von Stürmen hat Medair Gemeinschaften beim Wiederaufbau nach dem Prinzip «besser wiederaufbauen» unterstützt und ihnen die Grundsätze des Katastrophenschutzes vermittelt.

Auch innerhalb unserer Organisation haben wir stets den verantwortungsvollen Umgang mit Ressourcen gefördert und unseren ökologischen Fussabdruck wo immer möglich minimiert. Dazu gehört beispielsweise die Nachpflanzung von beim Bau von Latrinen gefällten Bäumen oder die Prüfung des Grundwassers, um negative Folgen für die Umwelt zu vermeiden.

Trotzdem glauben wir, dass wir unsere Anstrengungen noch weiter verstärken müssen. Die Rettung von Menschenleben bleibt für uns immer oberste Priorität, doch verlangt unser Engagement für notleidende Menschen auch, der zunehmend ernsthaften Ursache von Verwundbarkeit zu begegnen.

Aus diesem Grund hat Medair gemeinsam mit einer wachsenden Zahl von Organisationen die Klima- und Umweltcharta für humanitäre Organisationen unterzeichnet. Mit der kürzlich eingeführten Charta übernehmen die teilnehmenden Hilfsorganisationen erstmals Verantwortung für ihre Umweltauswirkungen.

Teilnehmende Organisationen setzen sich zum Ziel, ihre Emissionen zu messen und zu reduzieren, Ressourcen zu den Auswirkungen des Klimawandels bereitzustellen und gemeinsam mit lokalen Verantwortlichen und anderen Hilfsorganisationen nach naturnahen Lösungen zu suchen. Damit bemühen wir uns nicht nur verstärkt, den von der Klimakrise am stärksten betroffenen Menschen beizustehen, sondern integrieren das Umweltbewusstsein und die Verantwortung für die Umwelt in alle Bereiche unserer Arbeit – von der Art und Weise, wie wir Hilfslieferungen abwickeln, bis hin zum Betrieb unserer Büros.

Dies Vorhaben bringt viel Arbeit mit sich. Es ist jedoch unerlässlich, um sicherzustellen, dass unsere Hilfsleistungen nicht nur kurzfristig, sondern auch langfristig Wirkung zeigen.

Humanitäre Organisationen behandeln bereits die Symptome des Problems. Wir sind jedoch entschlossen, auch zur Bewältigung der Ursachen beizutragen. Die Lösung der Klimakrise liegt zwar nicht allein in unserer Hand, aber wir müssen mit gutem Beispiel vorangehen.

Erica und ihre Familie haben ihr Zuhause auf den Philippinen durch den Taifun Haiyan verloren. Medair hat als erste Organisation nach dem Build-back-better-Prinzip den Katastrophenschutz in die Praxis umgesetzt.

Die Zahl der wegen Dürre auf dringende Hilfe angewiesenen Menschen in Somalia ist in den ersten Monaten des Jahres 2022 um 35 % gestiegen. Die Lage wird sich voraussichtlich vor den für April erwarteten saisonalen Regenfälle weiter verschärfen.

 

Dieser Artikel wurde von Mitarbeitenden von Medair in den Einsatzgebieten und am internationalen Hauptsitz verfasst. Die vertretenen Ansichten sind ausschliesslich die von Medair und in keiner Weise auf offizielle Positionen anderer Hilfsorganisationen übertragbar.

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