Geschichten

Ivans Geschichte von ungebrochenem Mut

Evakuierung, Flucht an einen unbekannten Ort, gesundheitliche Probleme und Neuanfang eines Lebens ohne Gliedmassen - Ivans Geschichte ist von Mut und Entschlossenheit geprägt. Dank der Unterstützung von Medair kann er neue Träume verwirklichen und mit Hoffnung in eine Zukunft voller unerwarteter Möglichkeiten blicken.

Seit Beginn des Krieges in der Ukraine stehen zahllose Menschen vor der quälenden Entscheidung, alles, was ihnen lieb ist, zurückzulassen. Der Weg vor ihnen ist ungewiss, und es gilt viele Schwierigkeiten zu meistern. All dies, um in ihrem eigenen Land einen Ort der Sicherheit zu finden. Ivan ist einer dieser Menschen. Für den 24-jährigen aus der Südukraine hat das Leben am 1. April 2022 eine dramatische Wendung genommen.

«Ich hatte keine andere Wahl, als das Haus und das Hab und Gut meiner Familie zurückzulassen. Es war schwierig, weil ich nicht wusste, wohin ich gehen oder wie ich Hilfe bekommen sollte», erklärt Ivan.

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Ivan sitzt auf seinem Bett in einem Ein-Zimmer-Schlafsaal in der Stadt Ternopil im Westen der Ukraine. ©Medair/Diana Mukan

So kam er nach Ternopil, wo ihn eine Baptistengemeinde aufnahm. Ivans Reise von seiner Heimatstadt nach Ternopil war anstrengend und dauerte mehrere Tage. Sowohl Ivan als auch die anderen Evakuierten hatten Angst vor dem, was sie als Nächstes erwarten würde. Nach einer Woche in der Kirche wurde Ivan in ein Dorf in der Region Ternopil verlegt, wo er vorübergehend in einer Notunterkunft untergebracht wurde. Es war hart, aber der junge Mann blieb hartnäckig.

«Es war, als würde mich ein Licht durch die Dunkelheit leiten. Dass wir an diesen sicheren Ort gekommen sind, hat uns gezeigt, dass selbst ein schwieriger und scheinbar unendlicher Weg zu einer Geschichte der Resilienz werden kann, wenn man an der Hoffnung festhält», so Ivan.

Seit seinem 9. Lebensjahr hat Ivan mit Diabetes zu kämpfen, einer Krankheit, die ständige Aufmerksamkeit erfordert. Jeden Tag muss er seinen Blutzuckerspiegel genau im Auge behalten und sich regelmässig Insulin spritzen. Doch das Leben wurde noch schwieriger, als Ivan erfuhr, dass ihm ein Bein amputiert werden musste. Es war schwer, sich an ein neues Leben ohne Gliedmassen zu gewöhnen, vor allem an einem fremden Ort. Doch Ivan blieb zuversichtlich, und war entschlossen, das Beste daraus zu machen.

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Ivans Rollstuhl, den er benutzte, bevor er eine provisorische Prothese erhielt. ©Medair/Diana Mukan

«Ich stand vor einer weissen Leinwand, und obwohl es unglaublich schwierig war, war ich entschlossen, ein neues Bild von meinem Leben zu malen», erzählt Ivan.

Ivan wandte sich an Medair in Ternopil und bat um Hilfe. Das Team unterstützte ihn bei der Beantragung einer geeigneten Wohnung und versorgte ihn mit lebenswichtigen Dingen.

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Ivan ist so schnell nicht unterzukriegen. Trotz aller Herausforderungen möchte er eine positive Sichtweise auf das Leben behalten. ©Medair/Diana Mukan

«Dank der raschen Hilfe von Medair lernte ich, wie man eine Wohnbeihilfe beantragt, und so wurde mein Traum von einem stabilen Zuhause zur Realität. Medair hat mir nicht nur Bargeld, sondern auch lebenswichtige Dinge zur Verfügung gestellt. Die Unterstützung durch Medair hat mir grossen Halt gegeben. Selbst in meinen schwersten Zeiten hat mich Medair nie im Stich gelassen – sie standen mir treu zur Seite, als ich es am meisten brauchte», erzählt Ivan.

Er fuhr fort: «Das Medair-Team kam oft zu Besuch und überbrachte Pakete mit Lebensmitteln und anderen lebensnotwendigen Dingen. Einige von ihnen brachten sogar Glukoseteststreifen für mein Blutzuckermessgerät von zu Hause mit. Diese Gesten der Fürsorge gingen über das Gewöhnliche hinaus und zeigten, wie sehr ihnen mein Wohlergehen am Herzen lag. Es sind diese Gesten, die mein Leben wirklich verändert haben.»

Schon als junger Mensch hatte Ivan grosse Träume und war fest entschlossen, etwas zu erreichen und ein glückliches Leben zu führen. Seine unaufhaltsame Entschlossenheit zeigte sich, als er eine provisorische Beinprothese erhielt. Lange und beharrlich übte er, mit dem neuen Bein gehen zu lernen. Er begann, das Leben wieder zu geniessen, und seine Herausforderungen aus einer positiveren Sicht zu betrachten: «Ich sah Menschen, die herumliefen, und sagte mir: ‹Wenn sie es können, kann ich es auch.› Ich freue mich aber nicht nur auf das Laufen. Ich denke auch über meine Zukunftsträume nach.»

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Der Blick aus Ivans Fenster in den Innenhof des Hauses. Dieser Ort hat eine besondere Bedeutung für ihn, denn hier hat er mit seiner provisorischen Beinprothese geübt, das Gehen wieder zu erlernen. Viele Stunden hat er aufgewendet, um seine Mobilität wiederzuerlangen und sich an seine neue Situation anzupassen. ©Medair/Diana Mukan

Mit der Aussicht, bald eine dauerhafte Beinprothese zu erhalten, wächst Ivans Vorfreude, denn er sieht eine Zukunft voller Möglichkeiten. Er hofft, eine Arbeit zu finden und alles zu geniessen, was das Leben zu bieten hat. Er träumt vom Reisen, andere Kulturen kennenzulernen und die Schönheit unterschiedlicher Länder zu sehen. Und er träumt von einem Wiedersehen mit seiner Mutter. Darüber hinaus hofft Ivan, andere, die vor Herausforderungen stehen, durch seine Geschichte der Resilienz und Entschlossenheit zu inspirieren. Mit jedem Schritt, den er macht, sowohl im übertragenen als auch im wörtlichen Sinne, ist Ivan entschlossen, seine Träume zu verwirklichen.

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Blumen in der Küche des Wohnheims schaffen ein Gefühl von Behaglichkeit. Ivan ist dankbar für seine Mitbewohner, die für ihn wie eine Familie geworden sind. ©Medair/Diana Mukan

«In dem Wohnheim, in dem ich jetzt lebe, habe ich eine tolle Gemeinschaft von gutherzigen Menschen gefunden, die mir auf diesem Weg zur Seite stehen. Wir sind mehr als nur Nachbarn – wir sind zu einer Familie geworden, die sich in diesen schwierigen Zeiten gegenseitig Trost spendet und ein Gefühl der Zugehörigkeit vermittelt», so Ivan.

 


In Ternopil, Chmelnyzkyj und Winnyzja betreibt Medair ein vom Hohen Flüchtlingskommissar der Vereinten Nationen (UNHCR) finanziertes Programm für alternative Wohnlösungen. Das Programm richtet sich an Binnenvertriebene, die Hilfe bei der Verbesserung ihrer Wohnsituation suchen. Einige sind in Notunterkünften untergebracht und wollen ausziehen, andere benötigen Reparaturen an den Notunterkünften, in denen sie untergebracht sind, und wieder andere benötigen Reparaturen an den beschädigten Häusern, in denen sie leben. Jeder Hilfsempfänger wird von Medair-Mitarbeitenden beraten, um eine massgeschneiderte Lösung zu finden.

Die Massnahmen von Medair im Westen der Ukraine werden vom UNHCR und der Glückskette finanziert.

Dieser Artikel wurde von Mitarbeitenden von Medair in den Einsatzgebieten und am internationalen Hauptsitz verfasst. Die vertretenen Ansichten sind ausschliesslich die von Medair und in keiner Weise auf offizielle Positionen anderer Hilfsorganisationen übertragbar.

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