Geschichten

Interview mit Rachel Hirons, Landesdirektorin Sudan

«Können Sie die aktuelle Situation im Sudan erläutern und eine kurze Einführung geben?»

Rachel Hirons: «Derzeit ist im Sudan ein bewaffneter Konflikt zwischen zwei Militärfraktionen ausgebrochen, was eine enorme Belastung für die Menschen im Sudan und für unsere Teams darstellt.

Wir arbeiten an einer Kartierungsinitiative, um sicherzustellen, dass die INGOs (Internationale Nicht-Regierungsorganisationen) den Menschen so effektiv wie möglich helfen können und dass Lücken gedeckt werden, ohne dass es zu Überschneidungen bei unseren Hilfsleistungen kommt. Und am wichtigsten ist, dass wir unsere nationalen Mitarbeiter vor Ort haben. Das sind Menschen, die sich mit grosser Leidenschaft für Menschen in Not einsetzen und über fundierte Kenntnisse der von uns angebotenen Hilfen verfügen.

Die Sicherheitslage ändert sich gerade sehr schnell. Daher ist es für unser Team wichtig, sich mit anderen Organisationen abzustimmen, um sicherzustellen, dass sie in Gebiete gehen, die sicher genug sind. So können sie ihre Programme fortsetzen, ohne ihr eigenes Leben zu gefährden. Aber sie fühlen sich verpflichtet, den Verwundbarsten zu helfen. Sie wägen also das Bedürfnis nach ihrer eigenen Sicherheit mit dem Bewusstsein ab, dass es Menschen gibt, die dringend auf die von uns bereitgestellten Ressourcen angewiesen sind.

Die Krise im Sudan wird zu einem Zustrom von Geflüchteten in andere Länder führen. Und die Zahl der auf humanitäre Hilfe angewiesenen Menschen im Südsudan und den umliegenden Ländern wird steigen […]. Im Südsudan werden unsere Teams einem erhöhten Druck ausgesetzt sein, um noch mehr Menschen zu versorgen. Die Geflüchteten kommen nur mit dem, was sie bei sich tragen können, über die Grenze, und das wird nicht sehr lange reichen. Sie müssen Unterkünfte, Nahrungsmittel, Wasser (sauberes Wasser!) und alles andere, was nötig ist, bekommen, um sich an diesen neuen Orten sicher einzuleben. Das Medair-Team im Südsudan kann auf eine langjährige Erfahrung in der Betreuung von Menschen in Flüchtlingslagern zurückblicken und ist bereit, sich ebenfalls zu engagieren.»

 

 

«Welche humanitären Bedürfnisse gibt es? Inwiefern sind diese Bedürfnisse aufgrund des aktuellen Konflikts gewachsen?»

Rachel Hirons: «Im Sudan gibt es eine interessante und einzigartige Kombination verschiedener Bevölkerungsgruppen. Sie alle leiden unter Schwierigkeiten, und dieser Konflikt hat das noch verschlimmert. Es gibt Geflüchtete aus anderen Ländern. Es gibt Sudanesen und Sudanesinnen, die in andere Länder geflüchtet waren, doch nun wieder in ihre Heimat zurückkehren. Es gibt hilfsbedürftige aufnehmende Gemeinschaften, und zuletzt gibt es Binnenvertriebene. Die Zahl der Binnenvertriebenen hat stark zugenommen, da Menschen in verschiedenen Regionen vor dem Krieg fliehen. Insbesondere aus Khartum fliehen viele Menschen und versuchen, an sicherere Orte zu gelangen. Sie nehmen oft nur mit, was sie auf dem Rücken tragen und in ihren Fahrzeugen transportieren können. Derzeit mangelt es stark an Nahrungsmitteln und Wasser. Treibstoff ist schwer zu bekommen, was die Flucht an sichere Orte mit Fahrzeugen erschwert. Und die Preise und Kosten steigen dramatisch.

Wir sehen also, dass die Menschen nicht in der Lage sind, die benötigten Nahrungsmittel oder das benötigte Wasser zu bekommen, und sie kämpfen wirklich ums Überleben. Wir versuchen auch, die [Gehalts-] Zahlungen an unser Team zu leisten. Auch das erweist sich als schwierig. Und das bedeutet, dass unsere Teams und ihre Familien weniger in der Lage sind, sich selbst zu versorgen.»

 

«Plant Medair, im Land zu bleiben und seine Aktivitäten anzupassen?»

Rachel Hirons: «Unser Team war während dieser ganzen Zeit im Einsatz. Sie unterstützen nach wie vor Menschen sowohl in abgelegenen Gemeinschaften als auch an zentraleren Orten. Wir gehen davon aus, dass wir in der Lage sein werden, unsere Aktivitäten entsprechend auszuweiten, um den gestiegenen Bedürfnissen gerecht zu werden.

Unsere Teams leisten weiterhin harte Arbeit vor Ort und gehen an Orte, wo sie Menschen in Not helfen können. Die Menschen, insbesondere Frauen und Kinder, benötigen dringend medizinische Versorgung und Nahrung. Unsere Hilfe richtet sich vor allem an Kinder unter fünf Jahren sowie an schwangere und stillende Mütter. Sie sind besonders anfällig für die Folgen des Krieges, da sie vom Mangel an Nahrungsmitteln und dem erschwerten Zugang zu Einkommen und Ressourcen stark betroffen sind.

Wir bieten auch Gesundheitsdienste an, um sicherzustellen, dass die Betroffenen trotz Malaria, Durchfall und anderen gesundheitsgefährdenden Krankheiten zurechtkommen. Unser Ziel ist es, unsere Arbeit fortzusetzen. Unser Team hat sich ununterbrochen für Menschen in Not eingesetzt, und wir sind sehr stolz auf die Menschen, die sich an diesen Orten engagieren.»


Medair ist seit fünfzehn Jahren im Sudan tätig und kümmert sich um die dringenden Bedürfnisse der Vertriebenen und ihrer Gastgemeinschaften in abgelegenen und unterversorgten Gebieten.

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