Geschichten

Glück ist das Wissen darum, dass sich jemand kümmert

Das vergangene halbe Jahr war turbulent im Libanon:

Im Oktober gingen die Menschen wegen der sich stetig verschlechternden Wirtschaftslage auf die Strasse. Wenig später wurden Dollar-Transaktionen von den libanesischen Banken stark limitiert, woraufhin die libanesische Lira drastisch an Wert verlor. Als wäre das alles nicht bereits Herausforderung genug, folgt nun auch noch der Kampf gegen COVID-19.

Hana und ihre Familie

Vor zwei Jahren verliess Hanas Mann sie und ihre drei Kinder. Er heiratete eine andere Frau und baute sich ein neues Leben auf. Hanas ältester Sohn Jamal* ist sechzehn. Er lebt in einem Waisenhaus, in welchem er kostenlos die Schule besuchen kann. Seine Familie sieht er nur alle drei Wochen. Sein Traum ist es, zu studieren, damit er seiner Mutter und seinen Geschwistern irgendwann ein besseres Leben ermöglichen kann. Ali* ist neun Jahre alt. Da er jahrelang den Schulunterricht verpasste, kann er heute weder lesen noch schreiben und auch nicht mit seinem älteren Bruder die Schule besuchen. Rama* ist mit zwei Jahren das Nesthäkchen der Familie.

«Gott sei Dank haben wir ein Dach über dem Kopf», vertraut Hana mir an. «Wir sind geschützt, haben Lebensmittel, Wasser und einen Frieden tief im Herzen, dass Gott uns sieht und sich um uns kümmert.»

Hana putzt regelmässig Wohnungen in ihrer Nachbarschaft und verdient damit etwas Geld. Mit dem Ersparten kann sie ihre Familie mit dem Nötigsten wie Brot oder Reis versorgen.

Hana prüft den Inhalt des Sets.

 

COVID-19: eine neue Herausforderung

«Als sich die Ereignisse betreffend COVID-19 im März zu überschlagen begannen, bat ich Jamal, sofort nach Hause zu kommen. Auf dem Markt besorgte ich uns mit dem wenigen Geld, das ich noch besass, Spülmittel und etwas Seife. Damit desinfizierte ich sofort unsere ganze Wohnung und sperrte die Tür ab. Es war so verwirrend und ich fragte mich: «Was kommt als Nächstes? Was wird aus uns werden?» Wir informierten uns über COVID-19 so gut wir konnten und taten, was uns geraten wurde: zu Hause bleiben.

«Normalerweise werden wir täglich von anderen, herzensguten Menschen besucht. Sie bringen uns Lebensmittel, Milch, Kleidung oder Windeln für Rama vorbei. Weisst du, was mir an diesen Besuchen am meisten bedeutet: Es ist nicht das Essen – auch wenn wir das wirklich brauchen – sondern das Gefühl, dass sich jemand ehrlich um uns kümmert. Die Besucher zeigen uns, dass sie uns nicht vergessen haben – und schenken uns dadurch neue Hoffnung.»


Medair-Freiwillige holen die Nothilfesets aus dem Lager und laden sie auf Lastwagen.

 

Warum unser Hilfseinsatz wichtig ist

«Ihr seid toll. Ihr habt euch dazu entschieden, euer Zuhause zu verlassen, zieht Schutzmasken und Schutzhandschuhe an und reist hierher zu uns, um uns über das Virus zu informieren. Glaubt mir, uns geht es nicht nur um die Seife, die ihr uns gebt. Das Wichtigste ist, dass ihr uns nicht einfach unserem Schicksal überlasst, sondern für uns da seid.

Meine Kinder haben vielleicht nicht die besten Lebensumstände. Aber wenn sie sehen, wie herzlich und fürsorglich ihr euch um uns kümmert, lernen sie eine wichtige Lektion. Ihr prägt sie durch das, was ihr für uns tut.»

Hanas Familie war eine von 200 Haushalten, die wir in der vergangenen Woche unterstützt haben. Medair arbeitet im Libanon mit der lokalen Organisation für Schule und Bildung (LOST) zusammen, um über COVID-19 aufzuklären und Hygieneartikel zu verteilen. Ermöglicht werden diese Hilfsmassnahmen durch den MADAD Fund der Europäischen Union.

 


 

Durch unsere Zusammenarbeit mit der Europäischen Union konnten wir Solidarität zeigen und Tausende Familien in dieser schweren Zeit unterstützen.

 

* Alle Namen geändert.

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