Geschichten

Wenn Wasser den Weg nach Hause bahnt

Wo Wasser ist, ist Leben. Wo kein Wasser ist, ist Leben kaum möglich.

Um Adnan zeigt auf einen grossen alten Tank mit einem kleinen Wasserhahn am Boden.

«Wir haben diesen Tank immer für unseren täglichen Wasserbedarf gefüllt», sagt Um Adnan. «Das haben wir 15 Jahre lang so gemacht.»

Um Adnan hat ihr ganzes Leben im Bezirk Deir-ez-Zor im Nordosten Syriens verbracht. Seit 70 Jahren ist dieser Ort ihr Zuhause. Trotz der vielen Herausforderungen für sie und ihre Nachbarschaft, ist sie nie weggezogen. Eine dieser Herausforderungen war die Beschaffung von sauberem Trinkwasser, das in ihrem Ort 15 Jahre lang fehlte.

Viele aus Um Adnans Ort sind im Laufe der Jahre weggezogen. Einige aufgrund der Unsicherheit durch die anhaltende Syrien-Krise, andere auf der Suche nach Arbeit und wieder andere in der Hoffnung auf ein besseres Leben – eines mit sauberem Trinkwasser.

Der Wegzug hat neue Herausforderungen mit sich gebracht, wie hohe Mieten, die Entfernung zu Familie und Freunden oder Probleme bei der Arbeitssuche.

Für die Zurückgebliebenen blieb Wasser eine Herausforderung. Wir haben Menschen in Um Adnans Nachbarschaft besucht. Sie haben uns von den Schwierigkeiten bei der Beschaffung von Wasser erzählt. Dabei geht es noch nicht einmal um sauberes Trinkwasser, sondern die Grundversorgung.

Ahmad ist Englischlehrer und lebt im selben Ort wir Um Adnan. Er hat uns erzählt, wie sie sich früher mit Wasser versorgt haben.

«Früher haben wir unsere Tanks mit ungefiltertem Wasser aus dem Fluss gefüllt. Man konnte Steinchen im Wasser sehen, aber wir leben in einer Wüstenregion, wir hatten keine andere Wahl. Was sollten wir sonst trinken?»

 

Mit Unterstützung des Ministeriums für Wasserressourcen, des Syrisch-Arabischen Roten Halbmonds und lokalen Partnern haben wir in Um Adnans Gemeinschaft die Wasserinfrastruktur repariert und wieder instand gesetzt. Sie wird Tausende von Menschen mit sauberem Wasser versorgen.

Ismael, einer unserer Bauingenieure, erklärt die Wirkung des Projekts für den Ort:

«Früher haben die Menschen ihr Wasser von Lastwagen gekauft. Die Lastwagen waren mit Wasser aus dem Euphrat gefüllt. Es war ungefiltert, unsauber und daher nicht sicher».

Er erklärt weiter: «Die Menschen mussten Unsummen für dieses Wasser bezahlen. Mit einem Projekt wie diesem haben über 40.000 Menschen sauberes Wasser direkt in ihren Häusern. Das hat auch Auswirkungen auf die Landwirtschaft in der Gegend.»

Um Adnan hat uns eingeladen zuzusehen, als in ihrem Haus zum ersten Mal Wasser aus dem Hahn kam. Sie war überglücklich und hat sich bei unseren Ingenieuren und dem Team für ihr Engagement bedankt.

«Wir hatten zuhause keinen Zugang zu Wasser. Heute haben wir dank eurer Bemühungen endlich Wasser und müssen es nicht mehr von Lastwagen kaufen», sagte sie.

 

Als wir Ahmad fragten, wie sich dieses Projekt auf das Leben in seiner Region auswirken wird, sagte er: «Manchmal wurde sogar Abwasser in unser Wasser eingeleitet. Dieses Projekt gibt den Menschen Hoffnung. Man kann mit Sicherheit sagen, dass es zur Stabilität in der Region beigetragen hat. Menschen sind zurückgekommen, als sie von dem Projekt gehört haben.»

Bei unserem Rundgang im Viertel haben uns Leute angesprochen und erzählt, dass die Menschen zurückkommen, als sie gehört haben, dass es jetzt sauberes Wasser gibt. Sie haben uns Häuser gezeigt, in die Familien zurückgekehrt sind nur, weil endlich wieder Trinkwasser da ist.

Unsere Teams arbeiten in einigen Gebieten Syriens, wo sie alte oder durch die Krise beschädigte Wasserinfrastrukturen reparieren und wieder instand setzen. Zu den Projekten gehört auch die Ausstattung von Häusern mit Wassertanks, in denen das Wasser sicher aufbewahrt werden kann, falls kommunale Dienstleistungen fehlen.

Leider umfasst das Problem heute mehr als nur um in die Jahre gekommene Rohre oder Wassersysteme, die während der jahrzehntelangen Krise gelitten haben. In Syrien herrscht derzeit eine der schlimmsten Wasserkrisen in der Geschichte. Der Wasserstand des Euphrat ist auf einem Tiefstand. Millionen von Familien in Syrien sind davon betroffen. Laut einer Erklärung der Vereinten Nationen hat dies nicht nur auf Auswirkungen auf die Verfügbarkeit von Wasser in der Region, sondern auch seine Qualität.

Die Versorgung mit Trinkwasser hilft Familien, in den heimatlichen Ortschaften zu bleiben. Sie müssen nicht mehr viel Geld für die Wasser aus unsicheren Quellen ausgeben oder sich Sorgen machen um die Behandlung von durch Wasser übertragenen Krankheiten in unterversorgten Gesundheitseinrichtungen. Dies trägt zu mehr Stabilität und einem besseren Lebensstandard für alle bei.

Wasser kann also tatsächlich den Weg nach Hause bahnen.

Sie können die Arbeit von Medair in Syrien hier unterstützen


Die Arbeit von Medair in Syrien wird durch den Katastrophenschutz und die humanitäre Hilfe der Europäischen Kommission, die Schweizer Direktion für Entwicklung und Zusammenarbeit, die Glückskette, SlovakAid und grosszügige private Spenden wie der Ihrigen ermöglicht.

Die Inhalte dieses Artikels stammen von Mitarbeitenden von Medair in den Einsatzgebieten sowie am internationalen Hauptsitz. Die vertretenen Ansichten sind ausschliesslich die von Medair und in keiner Weise auf offizielle Positionen anderer Hilfsorganisationen übertragbar.

Einige Namen wurden aus Sicherheitsgründen geändert.

CONSULTEZ NOS DERNIÈRES HISTOIRES