Südsudan: Glücklich, noch am Leben zu sein

Wer Adiews Geschichte kennt, der kann kaum glauben, dass die junge Mutter sich selbst als „glücklich“ bezeichnet.

Wer Adiews Geschichte kennt, der kann kaum glauben, dass die junge Mutter sich selbst als „glücklich“ bezeichnet. In der Nähe ihres Dorfes tobten gewaltsame Konflikte. Adiew war 22, als sie mit ihrem Mann und den vier Kindern floh. Seither lebt sie im Vertriebenenlager Mingkaman am Ufer des Nils. Adiews Mann verliess die Familie, um Arbeit zu suchen – bis heute ist er nicht zurückgekehrt. Ein Jahr später erkrankte eine Tochter an Malaria. Das Mädchen überlebte nicht. Adiews Stimme zittert, wenn sie darüber spricht.

Seither sind drei Jahre vergangen. Noch immer harrt die Familie in Mingkaman aus. Adiew unternimmt alles, um ihren Kindern genug Essen zu beschaffen. Doch für mehr als eine Mahlzeit am Tag reicht es meistens nicht: „Ich sammle Seerosen. Sie essen wir dann.“

Dennoch nennt sie sich „glücklich“. Adiew hat eine Cholera-Infektion überlebt, eine der tödlichsten Krankheiten im Südsudan. Gerade rechtzeitig hatte sie es zur Behandlung in die Klinik geschafft. „Cholera ist sehr, sehr gefährlich. Die Krankheit reisst viele Menschen aus dem Leben“, so Adiew. „Auch in Mingkaman ist sie weit verbreitet. Viel zu viele Menschen stecken sich damit an.“


In der Tat leidet der Südsudan momentan unter der längsten, schwerwiegendsten Cholera-Epidemie seit der Gründung des Staates im Jahr 2011. Die wasserbedingte Krankheit ist hochansteckend und kann bereits innerhalb weniger Stunden tödlich enden. „In Tar zum Beispiel trinken die Menschen verschmutztes Wasser aus den Sümpfen“, berichtet Medair-Ärztin Dr. Liz Lewis. „Auf demselben Gelände verrichten sie ihre Notdurft. Dies trägt massgeblich zur Verunreinigung bei. In jener Region gibt es nur sehr wenige Gesundheitsdienste – unzählige Menschenleben stehen unmittelbar auf dem Spiel.“


In Ayod hat Medair ein Cholera-Behandlungszentrum errichtet. Auch sorgen die Helferteams für sauberes Trinkwasser, verbesserte Hygiene und sanitäre Anlagen. Die Zeit drängt. Medair führt im Südsudan grossangelegte Cholera-Impfkampagnen durch. Die Schluckimpfung, die ein- oder zweimal verabreicht wird, bietet den Patienten bis zu fünf Jahre Schutz.

Im Februar 2017 wurden innerhalb von zwei Tage 30 772 Menschen gegen Cholera geimpft. Sie leben in einem abgelegenen, schwer zugänglichen Gebiet. Zurzeit erhalten 68 000 Menschen in Mingkaman eine Cholera-Impfung. „Zehntausende Fläschchen mit Impfstoff müssen in die Dörfer transportiert und gekühlt werden – ein riesiges, anstrengendes Unterfangen. Zu wissen, dass jedoch bald Tausende Menschen vor Cholera geschützt sein werden, ist jede Mühe wert!“, bekräftigt Medair-Mitarbeiterin Diana.


Das Leid ist gross. Es schmerzt, nicht mehr tun zu können, um Menschen wie Adiew zu helfen. Immerhin konnten wir durch die Impfung das Leben dieser Mutter und deren Kinder schützen.

 

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