Geschichten

Sie führten einen Freudentanz auf

Wie hat Ihr Tag angefangen? Mit einer Dusche? Einer Tasse Kaffee? Oder haben Sie Geschirr gespült, Hände gewaschen und Wäsche gemacht?

Wie würde sich Ihre Morgenroutine ohne sauberes Wasser verändern?

Ohne uns dessen bewusst zu sein, sind wir von sauberem Wasser abhängig. Wir denken wenig darüber nach, welchen Einfluss es auf uns und unsere Gesundheit hat. Es ist einfach da.

Weltweit sieht dies ganz anders aus. Jeder dritte hat keinen Zugang zu sauberem Trinkwasser¹.

Mary gehörte dazu. Dreimal pro Tag lief sie eine Stunde weit, um Wasser aus einem Sumpfloch zu schöpfen. Das Wasser war trübe, schmutzig und voller Ungeziefer, jedoch die einzige Möglichkeit, ihre sechzehnköpfige Familie zu versorgen. Zusammengerechnet waren das sechs Stunden pro Tag.

 

 Mary und ihre Kinder in Jelwan, Südsudan

 

«Es blieb kaum Zeit für anderes», erzählt die 42-jährige Mary. Bei ihrer grossen Familie war das Wasser ständig mit Wäschewaschen, Duschen und Geschirr spülen aufgebraucht. Jedes Mal, wenn Mary Wasser brauchte, war der Kanister leer und sie musste wieder zwei Stunden laufen.

Im Jahr 2017 fand Medair als erste Organisation Wasser in Jelwan, Marys Gemeinschaft in Aweil, Südsudan.  

«Vier Organisationen hatten vorher nach Wasser gesucht, aber nur Medair gab nicht auf, bis endlich Wasser gefunden wurde. Ohne sauberes Wasser hätten unsere Kinder nicht überlebt. Deshalb bin ich unendlich dankbar für den Brunnen hier in Jelwan.»

«Jetzt, da sauberes Wasser in der Nähe ist, habe ich Zeit, Essen zu kochen. Wir können uns um den Haushalt kümmern.»

 

Ungin lächelt, als er von dem Tag erzählt, an dem Medair in seinem Dorf Jelwan im Südsudan Wasser fand.

 

Marys 62-jähriger Ehemann, Ungin, strahlt von einem Ohr zum anderen als er von dem Tag erzählt, an dem in seinem Dorf Wasser gefunden wurde. «Die Freude war riesig. Die Frauen in unserer Gemeinschaft mussten jeden Tag so weit laufen, um Wasser zu holen. Wir waren so glücklich, das ganze Dorf führte einen Freudentanz auf.»

Viele in unserer Gemeinschaft hätten ihr Zuhause verlassen müssen, wenn Medair kein Wasser in Jelwan gefunden hätte. Der weite Weg war für die Familien langfristig nicht tragbar.

«Wir hätten näher an eine Wasserquelle ziehen müssen», erklärt Ungin weiter. «Wir werden Medair nie vergessen. Ohne sie wären wir nicht mehr hier.»

In der Gegend von Jelwan haben Frauen und vor allem Kinder keine andere Wahl, als schwere Behälter mit schmutzigem Wasser voller Krankheitserreger über weite Strecken zu tragen.

Durchfall ist eine der drei häufigsten Todesursachen bei Kindern² und wird oft durch verunreinigtes Wasser verursacht. Jährlich sterben fast 297 000 Kinder vor ihrem fünften Geburtstag an durch verschmutztes Wasser und schlechte sanitäre Einrichtungen verursachten Krankheiten³.

Die Zeit, die Mary früher zum Wasserholen benötigte, kann sie heute besser nutzen. Aus täglich sechs Stunden zum Wasserholen sind wenige Minuten geworden. Nun kann Sie die Zeit gemeinsam mit ihrer Familie verbringen und für den Haushalt nutzen.

 

Mary trägt einen Wasserbehälter vom Brunnen nach Hause.

 

«Bevor wir sauberes Trinkwasser hatten, waren meine Kinder oft krank. Als der Brunnen fertig war, zeigten uns lokale Freiwillige der Gemeinschaft, wie wir es nutzen und sauber halten können. Sie brachten uns auch bei, das Wasser zur Vorbeugung von Krankheiten und deren Verbreitung nur mit sauberen Behältern zu schöpfen.»

«Ich wünsche mir für meine Kinder, dass sie immer Zugang zu sauberem Wasser haben, denn jetzt bekommen wir es aus einer sicheren Quelle.»

Wasser in Jelwan zu finden war gleichzeitig eine Herausforderung wie eine Chance für Veränderung – und was für eine Veränderung! Die Gemeinschaft hat sich von Grund auf gewandelt. Die Veränderungen sind auch vier Jahre später zu spüren, nachdem wir Wasser gefunden haben, wo andere vergeblich gesucht hatten.

Am internationalen Frauentag 2021 feiern wir, dass Mary und ihre Gemeinschaft unter keiner Wasserkrise mehr leiden und sie mehr Zeit für ihre Familie, die Sicherung ihres Lebensunterhalts und ihre Gemeinschaft hat.

Menschen wie Mary motivieren uns, unsere Arbeit weiter an entlegenen Orten wie Jelwan fortzusetzen.

Die Leistungen von Medair in Aweil werden von der britischen Regierung, der United States Agency for International Development (USAID) und grosszügigen privaten Spendenden finanziert.

Dieser Artikel wurde von Mitarbeitenden von Medair in den Einsatzgebieten und am internationalen Hauptsitz verfasst. Die vertretenen Ansichten sind ausschliesslich die von Medair und in keiner Weise auf offizielle Positionen anderer Hilfsorganisationen übertragbar.

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