Kriegswunden heilen: Sanierung des Gesundheitswesens im Irak

Seit 20 Jahren leitet Dr. Abdullah die Klinik für medizinische Grundversorgung in Wana, Irak. 14 000 Menschen aus 28 umliegenden Dörfern wurden in dieser Zeit behandelt.

Seit 20 Jahren leitet Dr. Abdullah die Klinik für medizinische Grundversorgung in Wana, Irak. 14 000 Menschen aus 28 umliegenden Dörfern wurden in dieser Zeit behandelt.

Früher war das Leben gut – beständig und sicher.

2014 änderte sich alles. Bewaffnete Truppen drangen in die Stadt ein und übernahmen die Kontrolle über Wana. Auch die Klinik wurde angegriffen, die Mitarbeitenden flüchteten Hals über Kopf.

„Ich hatte furchtbare Angst. Es gelang mir zwar, zu fliehen, aber sobald ich konnte, kehrte ich zurück“, erinnert sich der Mediziner.

Dr. Abdullah handelte instinktiv. Er wollte seine Dorfgemeinschaft nicht im Stich lassen: „Ich konnte es nicht. Wir sind ein Volk. Wir kämpfen gemeinsam um unsere Zukunft.“

In der Klinik angekommen, war alles zerstört. Unter Tränen brach Dr. Abdullah zusammen.

„Unsere Medikamente lagen überall verstreut, etliche Dinge waren gestohlen worden. Zusammen mit einigen Mitarbeitenden machte ich mich sofort an die Arbeit. Ich wollte den Betrieb der Klinik so schnell wie möglich wieder aufnehmen. Von zuhause brachte ich Mobiliar mit und investierte private Mittel in die Reparaturen.“

In den folgenden Monaten konnte Dr. Abdullah den Betrieb der Klinik nur mit Mühe und Not aufrechterhalten. Es fehlte an allen Ecken und Kanten, nur ein Teil der Bevölkerung konnte behandelt werden. Externe Hilfe war dringend notwendig.

Medair unterstützte Dr. Abdullah und sein Team mit zusätzlichen Medikamenten, Mitarbeitenden und Schulungen. Ferner lieferten wir die nötige Ausstattung, damit der Betrieb der Klinik weitergeführt werden konnte.

„Indem wir die medizinischen Einrichtungen unterstützen, möchten wir den Menschen helfen – aber nicht nur das. Unser Ziel ist es, das gesamte Gesundheitssystem zu stärken“, so Janet Luigjes, Leiterin des Projekts in der Klinik in Wana. „In jedem Land, ja sogar in jeder Klinik sieht ist die Situation anders aus. Wir eruieren genau, was benötigt wird und passen unsere Hilfe an.“

„Ich war so froh, als Medair kam“, sagt Dr. Abdullah. „Man brachte uns dringend benötigtes Material wie Laborgeräte, Treibstoff für das Ambulanzfahrzeug und Kerosin für den Generator. Ohne Medair hätten wir die Klinik wohl dichtmachen müssen.“

Die Zusammenarbeit verlief reibungslos. „So hatten wir das Organisatorische schnell im Griff, sagt Dr. Abdullah. „Medair lieferte uns Medikamente und konnte im Gegenzug unser funktionierendes Labor nutzen. Auch Ärztinnen kamen über Medair zu uns. Wir haben einander wirklich wunderbar ergänzt. Ich bin sehr stolz auf unsere gemeinsame Leistung.“

Das Leben in Wana begann sich wieder zu normalisieren. Familien konnten in ihre Häuser zurückkehren, doch in den Nachbardörfern hielten die Konflikte an. Der Bedarf an medizinischer Versorgung blieb gross.

Dr. Abdullah und sein Team sahen, wie unschuldige Menschen zwischen die Fronten gerieten. Keine einzige Gesundheitseinrichtung war in Reichweite und der Weg nach Wana viel zu gefährlich.

Dr. Abdullah konnte nicht tatenlos zusehen und bat Medair um Hilfe. Daraufhin begann ein kleines Team von Ärzten und Pflegepersonal an die Front zu reisen und sich um die medizinischen Nöte der Menschen zu kümmern.

 

„Um die Erlaubnis zu erhalten, möglichst nahe an die Frontlinie zu reisen, hat Medair alles getan.“, erklärt Dr. Abdullah. „Den Betroffenen ging es sehr schlecht. Bisher hatten sie keinerlei medizinische Unterstützung erhalten.“

Medair-Arzt Dr. Delbreen erinnert sich noch gut an diesen Tag: „Die Menschen liefen kilometerweit, um uns aufzusuchen. Sie nahmen ein grosses Risiko auf sich. So konnte auch ich nicht anders, als ihnen zu helfen. Wir hatten jeweils nur kurz Zugang und versuchten natürlich, so viele Menschen wie möglich zu behandeln. Etliche litten unter Infektionen oder Hautkrankheiten. Glauben Sie mir, bis heute erinnere ich mich an jedes einzelne Gesicht.“

Medair besuchte das Dorf wiederholt und leistete den Betroffenen medizinische Hilfe. In Notfällen organisierte Dr. Abdullah ein Ambulanzfahrzeug, das die Patienten in seine Klinik brachte.

Heute – zwei Jahre später – ist die Klinik von Dr. Abdullanh wieder voll in Betrieb und das gesamte lokale Gesundheitssystem funktioniert. Die Arbeit von Medair ist abgeschlossen. Aber nicht für Dr. Abdullah und sein Team, denn ein Leben ohne seine Klinik kann sich der Arzt nicht vorstellen.

„Seit zwei Jahrzehnten arbeite ich hier. Die Klinik bedeutet mir alles. Ich möchte für meine Leute da sein. Es gibt noch so viel zu tun. Ich träume davon, die Einrichtung eines Tages auszubauen und den Patienten mehr als medizinische Grundversorgung bieten zu können.“

 

Mit einem lachenden und einem weinenden Auge verabschiedeten sich die beiden Teams. Die gute Zusammenarbeit bleibt unvergessen. Weit wichtiger ist hingegen die starke Dorfgemeinschaft – und dass die Klinik wieder auf eigenen Beinen steht.

Die gemeinsame Zeit hat uns eng zusammengeschweisst. Ich habe allen Behörden Briefe geschickt, um ihnen mitzuteilen, wie sehr wir Medair schätzen. Ich fühle ich mich der Organisation sehr verbunden, wir sind wie eine Familie“, sagt Dr. Abdullah. „Im Namen der gesamten Bevölkerung sagen wir danke.“

Das Team von Medair steht weiterhin in Kontakt mit Dr. Abdullah und besucht ihn regelmässig. Immer mehr Gebiete im Irak werden wieder zugänglich. Tausende Menschen benötigen medizinische Unterstützung in ihren zerstörten Heimatdörfern. Weitere medizinische Einrichtungen und Klinken müssen saniert werden. Die Arbeit ist noch nicht zu Ende.

Erfahren Sie mehr über die Arbeit von Medair im Irak oder spenden Sie noch heute. Helfen Sie mit, Flüchtlingsfamilien im Irak lebensrettende Hilfe zu leisten.

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