Kurz vor Weihnachten letzten Jahres habe ich das Gesundheitsteam von Medair bei einem Einsatz in Irbid begleitet, etwa vier Stunden nördlich von Amman. Die Aussicht während der Fahrt war spektakulär, mit malerischen grünen Feldern auf sanften Hügeln. Irbid lebt von der Landwirtschaft. Der Grossteil des Gemüses und Obstes, das man in Amman kaufen kann, wird hier produziert. Die Landschaft erinnerte mich an Sambia, mein Heimatland. Genau wie dort wurden hier am Strassenrand Mais, Tomaten, Gemüse und Früchte angeboten. Mein Kollege Arin sass am Steuer und wir haben uns über gebratenen Mais am Lagerfeuer unterhalten. Unsere beiden Söhne liebten das.
In Irbid trafen wir die Fallmanagerin Ruba. Sie führte uns zu einem grossen Feld auf einem Hügel. In der Mitte stand ein Zelt. Teppiche lagen auf dem nackten Boden, Vorhänge teilten das Zelt in drei Bereiche. Drinnen trafen wir *Ahmad und seine Familie.
Ahmad und seine sechsköpfige Familie sind syrische Geflüchtete. Ihr jüngstes Kind, Islam, ist 18 Monate alt. Islam hat eine Haut- und Lungenkrankheit, die zu schweren Geschwüren und Atemproblemen führt. Islam ist auch gelähmt. Sie braucht Sauerstoff, wird intravenös ernährt und ist pflegebedürftig. Als syrische Geflüchtete haben Ahmad und seine Frau keine Arbeitsgenehmigung. Die Familie ist auf einen monatlichen Lebensmittelgutschein des UNHCR angewiesen. Dieser reicht jedoch weder für alle ihre Bedürfnisse noch für die medizinische Versorgung für Islam. Als ich sie traf, hatte Ahmad kürzlich Bargeld von Medair erhalten, damit er seine Spitalrechnungen bezahlen konnte.
«Ich danke Medair, dass sie die Rechnungen für meine Tochter bezahlt haben», sagte er, während er Islams Wiege sanft schaukelte. «Ich bete, dass Sie einen Weg finden, dass wir Hilfe bekommen.»
Dieser Besuch war ein Abschlussgespräch. Unsere Arbeit mit Ahmads Familie ist zu Ende. Ruba und Ahmad sprachen wir über mögliche weitere Unterstützung durch andere Entwicklungsorganisationen. Als wir gingen, spürte ich Rubas Traurigkeit über diesen letzten Besuch. Ich sah aber auch wie sie entschlossen war, eine andere Organisation um Unterstützung für Islam zu bitten.
«Ich werde das UNCHR und eine andere Organisation anrufen. Ich werde so lange bitten, bis sie hierher kommen», sagte Ruba entschlossen. In diesem Moment war ich stolz auf meine Arbeit bei Medair.
Als ich an diesem Wintermorgen in Amman aus dem Fenster blicke, denke ich an Ahmad und seine Familie. Ich stelle mir vor, wie schön der verschneite Berghang aussehen mag. Ich stelle es mir vor wie ein Wintermärchen auf einer Postkarte zu Weihnachten, wie ich sie aus meiner Jugendzeit kenne. Für Ahmad und seine Familie bringt der Winter jedoch keine Freude.
Ahmads Familie geht es wie vielen anderen geflüchteten und vulnerablen Familien, die Unterstützung für Heizkosten, medizinische Versorgung und andere Grundbedürfnisse brauchen. Es gibt 26 Millionen Geflüchtete auf der Welt. Ahmad und seine Familie sind die Menschen hinter diesen Zahlen.
Die Arbeit von Medair in Jordanien wird ermöglicht durch Unterstützung der Schweizer Direktion für Entwicklung und Zusammenarbeit, des UN-Amts für die Koordinierung humanitärer Angelegenheiten, der Europäischen Kommission für Katastrophenschutz und humanitäre Hilfe, des deutschen Auswärtigen Amtes und des US State Department’s Bureau of Population, Refugees, and Migration (PRM) sowie private Spenden.
Dieser Artikel wurde von Mitarbeitenden von Medair in den Einsatzgebieten und am internationalen Hauptsitz verfasst. Die vertretenen Ansichten sind ausschliesslich die von Medair und nicht auf offizielle Positionen anderer Hilfsorganisationen übertragbar.