Geschichten

«Ich hatte Angst, meine Tochter zu verlieren»

 

Die Sonne schien, doch es war ein kühler Tag, als das Gesundheitsteam von Medair nach Irbid, im Norden Jordaniens fuhr. Dort erhielten vulnerable Geflüchtete und notleidende Menschen aus Jordanien Bargeldhilfe für medizinische Versorgung. Im Rahmen des «Cash-for-Health» (Geld-für-Gesundheit) genannten Programms übernimmt Medair die kosten für lebensnotwendige medizinische Behandlungen, die schutzbedürftigen Familien sonst verwehrt geblieben wären.  

 

Das Gesundheitsteam unter der Leitung von Dr. Aysar (Gesundheitsbeauftragter) traf sich mit Heba, einer 26-jährigen Mutter von vier Kindern. Khadeja und ihre Kinder sind 2012 aus Syrien nach Jordanien geflüchtet.  

 

«Unser Zuhause wurde zerstört; wir haben alles verloren», sagte Heba. Sie wurden in ein Flüchtlingslager geschickt, aber die Verhältnisse dort waren katastrophal und sie suchten einen anderen Platz.  

 

Heba wurde schwanger, brachte ein kleines Mädchen zur Welt und nannte es Watan. Wenige Stunden nach der Geburt schien die kleine Watan unterkühlt und würgte immerzu. Der Arzt erklärte Heba, das sei normal, Babys hätten manchmal noch etwas Fruchtwasser in der Lunge. Der Zustand der kleinen Watan schien nicht kritisch und Heba hatte nicht das Geld, um sie im Krankenhaus versorgen oder weiter untersuchen zu lassen. Also nahm sie ihr Baby mit nach Hause. 

 

«Watan schien normal, aber wenn sie weinte, wurde ihr Gesicht blau. Ich dachte, das wäre normal, wenn sich Babys nicht wohl fühlen. Mir war nicht bewusst, dass das medizinisch alles andere als normal war», sagte Heba. 

Heba und ihr Ehemann in ihrem Haus mit ihrer Tochter Watan.

Eines Tages verschluckte sich Watan beim Stillen und hörte plötzlich auf zu atmen. Heba und Ahmad brachten sie sofort ins nächstgelegene Krankenhaus. Dort wurde Watan wiederbelebt. Der behandelnde Kinderarzt vermutete einen Herzfehler und schickte sie zu einem Kardiologen. Nach einer Woche Behandlungen und Untersuchungen erklärte der Arzt, dass Watan mit einem Loch im Herzen geboren worden sei.  

 

Watans Zustand verschlechterte sich zusehends. Sie brauchte dringend eine Operation, oder sie würde sterben. Doch Ahmad und Heba hätten eine Operation niemals bezahlen können.  

 

Die Familie der kleinen Watan ist nur eine von vielen, die sich keine medizinische Behandlung oder lebensrettende Operationen leisten können. Medair unterstützt Geflüchtete und hilfsbedürftige jordanische Familien mit Bargeld, damit sie die Kosten für die Behandlung von schweren Nierenerkrankungen und Herzoperationen decken können. Das Projekt beruht auf Informationen vom März 2022, als Medair erfuhr, dass in Jordanien eine erhebliche Lücke besteht in der Versorgung von Menschen, die eine Dialyse oder Herzoperation benötigen. Das UN-Flüchtlingskommissariat (UNHCR) hatte Medair mitgeteilt, dass 87 Personen noch keine Behandlung erhalten hatten und weitere 33 Geflüchtete auf eine Herz-Kreislauf-Operation warteten.  

 

Heba legte Watans medizinische Berichte vor, in denen sie den Gesundheitszustand ihres Babys erläuterte und um Unterstützung bat. Medair prüfte die Krankenakte und konnte helfen. Medair unterhält Dienstleistungsvereinbarungen mit einer Gruppe von angeschlossenen Spitälern, die fortschrittliche medizinische Eingriffe anbieten. Watan wurde direkt in ein Spital überwiesen, wo sie einem Spezialisten vorgestellt wurde, der die Operation erfolgreich durchführte.  Das Gesundheitsteam von Medair begleitete die kleine Watan bei jedem Schritt und unterstützte die Familie, bis die Kleine vollständig genesen war und nach Hause entlassen werden konnte. Medair übernahm die Kosten für Operation und Pflege im Krankenhaus. Die kleine Watan war die erste, deren Operation am offenen Herzen von Medair bezahlt wurde. Seit Juni 2022 hat Medair die Kosten von 11 Herz-Kreislauf-Operationen übernommen 

Doktor Aysar überprüft Watans Genesung

Dr. Aysar, Gesundheitsbeauftragter bei Medair, erklärt: «Ich erinnere mich, als ich Watan zum ersten Mal sah. Sie war so klein und so zerbrechlich. Ich fin so froh, dass wir Watan helfen konnten. Jetzt geht es ihr gut und sie muss nicht mehr engmaschig überwacht werden.» 

Heba mit ihrer Tochter Watan

Heba ist dem Gesundheitspersonal, das sich um Watan kümmerte, und Medair sehr dankbar: «Ich hätte nicht gedacht, dass ich in dieser kurzen Zeit Unterstützung finden würde. Ich bin überglücklich, wenn ich sehe, wie meine Tochter isst, trinkt und schläft. Ich bin den Menschen dankbar, die das Leben unseres Kindes gerettet haben. Ich hatte solche Angst, meine Tochter zu verlieren. Jetzt kann ich nachts wieder schlafen.» 

 


Mit Unterstützung des Auswärtigen Amtes, der Europäischen Kommission für Katastrophenschutz und humanitäre Hilfe, des U.S. State Department’s Bureau of Population, Refugees, and Migration (PRM) und privater Spenden stellt Medair Bargeld für Gesundheitsmassnahmen in Jordanien für hilfsbedürftige Geflüchtete und die jordanische Bevölkerung bereit.  

 

Dieser Artikel wurde von Mitarbeitenden von Medair in den Einsatzgebieten verfasst. Die vertretenen Ansichten sind ausschliesslich die von Medair und in keiner Weise auf offizielle Positionen anderer Hilfsorganisationen übertragbar.   

 

CONSULTEZ NOS DERNIÈRES HISTOIRES