Geschichten

Herzerwärmende Geschichten

Angeth, 22 Jahre alt, hält ihren einjährigen Sohn Majok im Arm, während er eine Packung Plumpy'Sup zu sich nimmt.

Sonnenstrahlen fallen durch das Autofenster als wir über die holprigen, kurvigen Landstrassen in Aweil im Südsudan fahren. Die bunten Blätter am Wegrand erinnern an einen wunderschönen Herbstnachmittag auf den Landstrassen meiner Heimat.

Heute bin ich allerdings nicht daheim und auf dem Weg zu meiner Oma, sondern zum abgelegenen Dorf Maluil Akot im Bezirk Aweil im Südsudan. Bereits im Jahr 2016 hatte unser Nothilfeteam, auf die alarmierenden Unterernährungsrate in der Gegend reagiert, die weit über dem international anerkannten Notfallgrenzwert lag. Ein Drittel aller Kinder in der Region waren akut unterernährt. Aus diesem Einsatz entwickelte sich ein dauerhaftes Ernährungsprogramm, das auf verschiedene Projekte in den umliegenden Gemeinschaften von Aweil erweitert wurde. Wir waren die erste und fünf Jahre lang eine der wenigen Organisationen, die hier in Maluil Akot Ernährungshilfe leistete.

Als sich unser Team der Klinik nähert, sitzt eine Gruppe von Frauen im Schatten der einzigen zwei Bäume. Bevor die Kinder den in einer Wellblechhütte untergebrachten Untersuchungsraum von Medair betreten, werden sie von einer Pflegefachkraft untersucht und ihre Vitalwerte überprüft. Bei Unterernährung werden die Kinder zur Behandlung in das Ernährungsprogramm von Medair aufgenommen. Das Kind erhält dann ein bis zwei Monate lang Plumpy’Nut (eine nahrhafte, kalorienreiche Paste auf Erdnussbasis, die die Genesung von Unterernährung fördert). Die Entwicklung wird von Mitarbeitenden des Ernährungsprogramms überwacht.

Der mittlere Oberarmumfang des 13 Monate alten Adut wird gemessen, bevor er in einer Medair-Ernährungsklinik in Maluil Akot seine erste Zweiwochenration Plumpy’Nut erhält.

Ich halte an und spreche mit Nyanut, die ihr 13 Monate altes Kind Adut in den Armen wiegt. Es überrascht mich nicht, als bei ihm akute Unterernährung diagnostiziert und er in Medairs Ernährungsprogramm aufgenommen wird. Während ich beobachte, wie eine Pflegefachkraft Adut untersucht, bemerke ich eine andere Mutter, die 22-jährige Angeth. Auf ihrem Schoss sitzt der einjährige Majok.

Die Mutter von vier Kindern erzählt: «Ich komme immer hierher für die Gesundheitsversorgung. Aus Erfahrung weiss ich, dass Medair uns helfen kann. Mein Sohn wurde aufgrund akuter Unterernährung in das Programm aufgenommen. Er bekam regelmässig Plumpy’Nut. Mit der Zeit hat er sich von der schweren Unterernährung erholt. Jetzt ist er nur noch leicht unterernährt.» Ein Lächeln breitet sich auf Angeths Gesicht aus, als sie fortfährt: «Sein Gesicht hat wieder Farbe, es strahlt sogar. Ich kann eine deutliche Verbesserung erkennen.»

«Ich habe anderen Müttern von der Gesundheitseinrichtung erzählt. Sie sind inzwischen auch hierhergekommen. Die Arbeit von Medair hilft der Gemeinschaft sehr und wir kehren Mal wieder erleichtert nach Hause zurück.»

Die 22-jährige Angeth wartet mit ihrem einjährigen Sohn Majok in der Medair-Ernährungseinrichtung in Malauil Akot auf eine Monatsration Plumpy’Sup – eine mit Nährstoffen angereicherte Paste auf Erdnussbasis zur Behandlung leicht unterernährter Kinder.

Die Frauen und die Gemeinschaft haben die Menschen von Medair kennen und lieben gelernt. «Oft kommen die von uns unterstützten Familien zurück, um sich bei uns zu bedanken», berichtet Mark, unser Gesundheits- und Ernährungsbeauftragter, anfangs Woche auf dem Weg zu einer Klinik. Eine junge Frau meinte: «Ohne Ihre Hilfe wäre mein Kind heute nicht mehr da.» Das Gefühl, wenn gefährdete Kinder zu uns kommen und durch die Arbeit unseres Teams wieder eine Chance auf ein gesundes Leben bekommen, ist überwältigend.

Ich bin mir bewusst, dass Betroffene, die unsere Leistungen in Anspruch nehmen, uns vertrauen, wenn sie von ihrer Vergangenheit, ihren Sorgen, ihren Erfolgen, und ihrem Leben erzählen. In meiner Funktion erzählen mir die Menschen oft von ihrer bitteren Not. Dann sitze ich manchmal nur noch da, mit einem Notizbuch und meiner Kamera und bin überwältigt von dem Elend. Doch unsere Teams und ihre positiven Geschichten, machen immer wieder Mut.

Die Qualität unserer Arbeit spricht für sich, aber es sind die Menschen von Medair, die den Unterschied machen. Andere spüren das. Am Tag vor meinem Besuch in der Klinik hatte unser Team einen Termin im Ministerium für Gesundheit und Umwelt. Die Generaldirektorin, Santina Chan Aweu, lobte unser Team mit den folgenden Worten: «Ihre Organisation ist gut, aber es sind die Menschen, die sie grossartig machen. Sie arbeiten mit Herzblut. Sie sind in Dörfer vorgedrungen, wo andere umkehren mussten.»

Nachdem sowohl Nyanut als auch Angeth Plumpy’Nut erhalten haben, stehe ich mit Santo, dem Leiter des Ernährungsprogramms von Medair in Maluil Akot, vor der Tür. Die 30 bis 40 Grad Hitze fühlen sich in der Mittagssonne noch drückender an. Die leichte Brise kühlt unsere Gesichter unter den Masken nur ungenügend. Aber trotz Maske kann ich die Leidenschaft in Santos Gesicht erkennen, wenn er auf seine Zeit bei Medair in Aweil zurückblickt. Er spricht über die Grundwerte von Medair, die ihn besonders geprägt haben und an denen er sich seit Jahren orientiert: «Die Arbeit von Medair steht für Liebe und Mitgefühl. Das Ergebnis ist Integrität. Je mehr Mitgefühl und je mehr Liebe man zeigt, desto mehr ist das Herz darauf ausgerichtet, Mitmenschen dienen zu wollen. Alle arbeiten gemeinsam an der Entwicklung der von uns unterstützten Gemeinschaften.»

Ich bin sehr stolz auf mein Team. Der Einsatz geht weit über die Zeit hinaus, die wir mit den Menschen verbringen.

Unsere Arbeit in Aweil neigt sich dem Ende zu. Die Unterernährungsrate in Aweil liegt nun nicht mehr über dem Notfallgrenzwert. Ich sehe eine veränderte Gemeinschaft, in der unser Team mit Liebe, Mitgefühl und Wärme einen wichtigen Beitrag geleistet hat.


Die Projekte von Medair in Aweil werden von der britischen Regierung, der US Behörde für Internationale Entwicklung (USAID) und grosszügigen privaten Spendern finanziert.

Dieser Artikel wurde von Mitarbeitenden von Medair in den Einsatzgebieten und am internationalen Hauptsitz verfasst. Die vertretenen Ansichten sind ausschliesslich die von Medair und in keiner Weise auf offizielle Positionen anderer Hilfsorganisationen übertragbar.

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