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Einfach und wirkungsvoll: Katastrophenvorsorge

Der Horizont wirkt wie eine lange, flache Linie, die sich über das Land zieht und Himmel und Erde trennt.  Es sieht beinahe aus wie ein Meer, doch statt blauer Wellen berührt endlos scheinende, rissige, braune Erde den Himmel. Dazwischen stehen kleine Bauten aus weisser Zeltplane. Sie dienen als provisorische Unterkünfte für Menschen, die in dem trockenen Land Zuflucht gesucht haben. In dem Camp Tunaydbah im Osten des Sudan leben inzwischen rund 23 430 Menschen. 1

Konflikte haben sie über die benachbarten Grenzen gebracht.

Die Geflüchteten in Tunaydbah wissen, hier sind sie sicher vor den unberechenbaren Konflikten. Sie wissen auch, dass es Menschen gibt, die aktiv daran arbeiten, dass ihre Grundbedürfnisse gestillt werden und ihr Leben in den Zelten etwas einfacher wird. Zusammen arbeiten humanitäre Organisationen daran, grundlegende Leistungen in Bereichen wie medizinischer Versorgung, Wasser, Sanitär, Duschen, Unterkünfte, Lebensmittel und mehr zur Verfügung zu stellen.

Medair gehört zu den Organisationen, die auf die immensen humanitären Bedürfnisse reagieren in einem Konflikt, der nach wie vor unvorhersehbar ist.

Vorhersehbar jedoch ist, dass die trockene Erde das Wasser während der jährlichen Regenzeit nicht aufnehmen kann. Die Überschwemmungen und starken Winde werden die Zelte und Strukturen im Lager aufgrund des instabilen Bodens zum Einsturz bringen. Uns ist auch bewusst, dass die Überschwemmungen den Zugang zum Lager und damit die Grundversorgung erschweren werden und sich in dem stehenden Wasser gefährliche Krankheitserreger ausbreiten.

Der Regen wird kommen, aber die Auswirkungen müssen nicht verheerend sein.

Katastrophenvorsorge zielt darauf ab, die Auswirkungen von Katastrophen auf eine Gemeinschaft zu verringern.

Risiken können zwar nie vollständig vermieden werden, doch man kann vorbeugen. Um die Schäden durch Regenfälle in Tunaydbah zu verhindern, hat Medair gemeinsam mit den Mitgliedern der Gemeinschaft 29 Kilometer an Mikrodrainagen gebaut. Diese leiten das Wasser um in ein grösseres Drainagesystem. In dem Lager in Tunaydbah geschieht die Entwässerung über ein Netzwerk von Kanälen und kleinen Gräben, die zu grösseren Kanälen führen, durch die das Wasser in die Hauptabflüsse gelangt.

Tunaydbah Camp nach den Regenfällen im Mai 2021

Tunaydbah Camp nach den Regenfällen im August, nachdem eine Mikro-Drainage angelegt wurde.

«Medair hat auf allen Ebenen kleine, aber wirksame Massnahmen ergriffen», sagt Patricia Gomez, leitende Beraterin für Unterkünfte und Camps bei Medair. «Technisch sind die Mikrodrainagen gut gemacht, weil sie durch ein Gefälle eine gute Entwässerung gewährleisten. Wir haben die Bevölkerung eingebunden, um ihre Unterstützung und ihr Feedback zu haben. Als die schweren Regenfälle einsetzten, haben sich unsere Bemühungen ausgezahlt. Das Wasser wurde schnell abgeleitet und die Bevölkerung war vor den Überschwemmungen geschützt.»

Indem Gemeinschaften in die Katastrophenvorsorge eingebunden werden, wird auch ihre Widerstandsfähigkeit gestärkt. Im Lager in Tunaydbah haben Freiwillige die Koordination zwischen den Verantwortlichen des Camps übernommen. Über ein Geld-für-Arbeit-System können sich grössere Gruppe von Frauen und Männern an dem Projekt beteiligen. Wöchentliche Treffen stärken das Bewusstsein und unterstreichen die Wichtigkeit der Bemühungen.

Die Mikrodrainage leitete das Regenwasser schnell von den Zelten und Einrichtungen weg, so dass sich die Menschen innerhalb des Lagers besser bewegen können. Inzwischen hat Medair die Drainagen an den Gemeindevorstand übergeben. Die Bevölkerung kümmert sich nun um die Wartung des Drainagesystems, damit es auch weiter funktioniert.

Katastrophenvorsorge kann Leben retten und das Leid von Menschen in schwierigen Umständen verringern. Es ist ein Beispiel für einen einfache, aber wirksamen Einsatz und erinnert daran, dass die Katastrophenvorsorge sowohl in der Soforthilfe als auch beim Wiederaufbau und in den nächsten Entwicklungsphasen eingesetzt werden kann.

1Update zur Notsituation in Äthiopien. UNHCR, 31. Dezember 2021.

 


Dieses Projekt wurde durch grosszügige private Spenden finanziert.

Dieser Artikel wurde von Mitarbeitenden von Medair in den Einsatzgebieten und am internationalen Hauptsitz verfasst. Die vertretenen Ansichten sind ausschliesslich die von Medair und in keiner Weise auf offizielle Positionen anderer Hilfsorganisationen übertragbar.

 

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