Geschichten

COVID-19 mit Information bekämpfen

«Stimmt es, dass dieser Virus Menschen plötzlich tot umfallen lässt?»

«Stimmt es, dass das Trinken von Zitronensaft das Virus abtötet?»

Ich sah die Besorgnis in den Augen meiner Kollegen, als sie die Gerüchte wiedergaben, die sich wie ein Lauffeuer verbreiteten. Regelmässig hielten wir hier im zentralafghanischen Hochland Treffen ab, während sich COVID-19 in Europa und dem Nahen Osten ausbreitete. Von diesem Stützpunkt aus erreicht Medair einige der entlegensten Dörfer in den rauen Bergen des Hindukusch.

Ich bin eine Gesundheitsfachkraft und weiss, wie mächtig einfache und genaue Informationen in einer solchen Pandemie sein können. Es ist mir deshalb sehr wichtig, sicherzustellen, dass alle Mitarbeitenden über die aktuellsten Informationen verfügen, damit wir in unserer Arbeit konsistente Präventionsbotschaften – und damit auch Hoffnung – vermitteln können.

Ein Fahrzeug von Medair ist unterwegs in ein abgelegenes Dorf im zentralen Hochland von Afghanistan (2019).

Während einer unserer ersten Informationssitzungen mit Medair-Fahrern und -Sicherheitskräften untersuchten wir die Risikofaktoren, welche gewisse Personengruppen anfälliger für COVID-19 machen. Wir sprachen auch über frühe Indikatoren, die darauf hindeuteten, dass Kinder mit geringerer Wahrscheinlichkeit ernsthafte Symptome entwickeln. Einer unserer Fahrer war so erleichtert von dieser Neuigkeit, dass er sofort sein Handy zückte, um seine Frau anzurufen und ihr die gute Nachricht mitzuteilen. Die Gerüchte hatten sie in grosse Angst versetzt, alle ihre Kinder durch diese mysteriöse Epidemie zu verlieren.

Selbst nicht-medizinische Mitarbeitende unserer Medair-Teams, welche abgelegene Dörfer in den Bereichen Ernährung, Wasser, sanitäre Einrichtungen und Hygiene unterstützen, werden mit den aktuellsten COVID-19 Informationen versorgt. Ihr Auftrag ist es, diese Informationen zu verbreiten und schädliche oder wenig hilfreiche Gerüchte zu widerlegen. Mitarbeitende, die Seifenpakete ausliefern, schulen Familien zudem im korrekten Händewaschen und in wichtigen Abstandsregeln. Mitglieder des mobilen Ernährungsteams unterrichten ausserdem freiwillige lokale Helfer in den neuesten Empfehlungen, wie die Ausbreitung des Virus verlangsamt und Familien geschützt werden können.

Ein lokaler Freiwilliger berichtete, wie sehr die Menschen Zuversicht gewannen, nachdem sie von den einfachen Mitteln zur Verhinderung der
Ausbreitung von COVID-19 gehört hatten. «Zuerst hatten die Menschen in unserem Dorf grosse Angst. Sie erkundigten sich bei mir, ob es tatsächlich zuträfe, dass sie das Virus mit Schwarztee oder durch das Verbrennen bestimmter Wurzeln und dem Einatmen des Rauchs heilen könnten. Daraufhin zeigte ich ihnen die Bilder, die Medair mir zur Verfügung gestellt hatte. Anhand dieser erklärte ich, wie sie sich die Hände korrekt waschen und dass sie auf das Händeschütteln und die Versammlung in Gruppen verzichten sollten. Jetzt sind die Menschen zuversichtlicher, weil sie diese Dinge einfach umsetzen können.»

Eine Mutter mit ihrem Kind im zentralen Hochland von Afghanistan.

Unser Team in Afghanistan wird weiterhin die Ausbreitung neuer Gerüchte, Mythen und Missverständnisse verfolgen und widerlegen, während es gleichzeitig einfache, fundierte Botschaften über die Massnahmen zur Verlangsamung der Ausbreitung von COVID-19 weitergibt. Dank guter Information sollen gefährdete Familien in diesen abgelegenen Gebieten dem Virus nicht schutzlos ausgeliefert sein, sondern einfache Massnahmen ergreifen können, um sich selbst wirksam zu schützen.

Gemeinsam ersetzen wir Verletzlichkeit durch strategische Vorgehensweise und Angst durch Wissen.


Medair ist eine internationale humanitäre NGO, die Nothilfe- und Wiederaufbaumassnahmen für Familien leistet, die durch Naturkatastrophen, Konflikte und andere Krisen in Not geraten sind. Medair ist derzeit in 12 Ländern im Einsatz.

Die Inhalte dieses Artikels stammen von Mitarbeitenden von Medair in den Einsatzgebieten sowie am internationalen Hauptsitz. Die Meinungen entsprechen ausschliesslich den Ansichten von Medair und damit nicht unbedingt auch dem offiziellen Standpunkt anderer Hilfsorganisationen.

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