Geschichten

Aweil: Die Gemeinschaft liegt uns am Herzen

Mai 2016. In Dörfern in der Region Aweil im nördlichen Bundesstaat Bahr el Ghazal im Südsudan starben täglich Kinder an vermeidbaren Krankheiten¹.

Der Ausbreitung von Masern kann durch Impfungen einfach vorgebeugt werden, doch die Zahl der in staatliche Kliniken eingelieferten Fälle stieg besorgniserregend.

Das Nothilfeeinsatz-Team von Medair bewertete die Situation und startete in Zusammenarbeit mit den lokalen Behörden und verschiedenen humanitären Partnerorganisationen eine Massenimpfkampagne gegen Masern. Binnen einer Woche machten sich unsere Teams auf den Weg von Dorf zu Dorf und impften 48 000 Kinder¹.

Nur wenige Monate später waren Tausende Kinder aus anderen Gründen erneut gefährdet. Die Unterernährungsrate in Aweil war deutlich über die Notfallschwelle gestiegen, dazu kam eine drastische Zunahme an Malariafällen. Sauberes Wasser und sanitäre Einrichtungen waren Mangelware. Späte Regenfälle und Überschwemmungen verschlimmerten die unsichere Ernährungslage, Lebensmittelpreise stiegen.

«Im Norden von Bahr el Ghazal entwickelte sich eine der grössten Unterernährungskrisen seit Jahren», berichtete Becky Hammond, die damalige medizinische Leiterin von Medair. In Teilen von Nord-Bahr el Ghazal war die Hälfte der Bevölkerung von akuter Ernährungsunsicherheit betroffen – ein Drittel der Menschen war unterernährt.

Das Nothilfeteam von Medair erbrachte wesentliche Dienstleistungen – unter anderem durch drei Ernährungs-Notfallkliniken, in denen Kinder unter fünf Jahren mit akuter Unterernährung behandelt wurden. Im neu eröffneten Malaria-Behandlungszentrum in Aweil behandelten die Teams von Medair im September 2016 innerhalb einer Woche 2300 Patienten. Sie leisteten auch Nothilfe in den Bereichen Wasser, sanitäre Einrichtungen und Hygiene.

August 2017: Medair-Mitarbeiterin Mama Eunice hilft einem an Malaria erkrankten Kind im Medair Maper Ernährungszentrum in Aweil, Südsudan.

 

Aufgrund des anhaltenden Bedarfs richteten wir in Aweil eine langfristige Präsenz ein und weiteten das Gesundheits-, Ernährungs-, Wasser- und Hygieneprojekt auf die umliegenden Gemeinschaften aus.

 

Gesundheit:

Gesundheitsdienstleistungen für schwangere und stillende Frauen sowie Kinder unter fünf Jahren: Die Teams behandelten Kinder unter fünf Jahren gegen gängige Krankheiten wie Malaria, Lungenentzündung sowie Durchfall und boten kostenlose Routineimpfungen gegen vermeidbare Krankheiten an. Medair leistete auch vor- und nachgeburtliche Betreuung sowie qualifizierte Geburtshilfe. Im Jahr 2020 unterstützte Medair so 188 Frauen im Geburtshaus in Aweil bei der sicheren Entbindung. In enger Zusammenarbeit mit lokalen Partnerorganisationen wurden die Gesundheitsdienste in die Ernährungsprogramme integriert.

 

Ernährung:

Ambulante therapeutische Dienstleistungen und ein gezieltes Zusatzernährungsprogramm unterstützten sowohl mittel- und stark unterernährte Kinder als auch akut unterernährte schwangere und stillende Frauen. Sie erhielten je nach Bedarf eine Zweiwochen- oder Monatsration PlumpyNut – einer Erdnusspaste zur Behandlung von Unterernährung.

Im Jahr 2017 stiess Medair in Jelwan, Aweil, Südsudan, auf sauberes Wasser. Vier Jahre später erzählt der stellvertretende Vorsitzende der Stadt Uguak: «Wir haben jetzt Wasser, sauberes Wasser für unsere Kinder. Unser Leben hat sich dadurch verändert. Vorher waren die Kinder häufig krank, das hat sich verbessert. Früher war das Wasser mit Wanzen verseucht, und wir mussten sehr weit laufen, um es zu holen.»

 

Wasser, sanitäre Einrichtungen und Hygiene (WASH):

Das saubere Wasser in Aweil hat zur Genesung unterernährter Kinder beigetragen, Krankheiten vorgebeugt und die Unterernährungsrate in den Gemeinschaften reduziert.

Begleitend zum Ernährungs- und Gesundheitsprogramm reparierte und desinfizierte Medair Handpumpen, Latrinen und Abfallentsorgungsstrukturen und installierte Handwaschanlagen in unterstützten Gesundheitseinrichtungen.

Eine Selbsthilfegruppe hört im Mai 2019 den Gesundheitsbotschaften des Medair-Teams in Aweil zu.

 

Schulung zur Verhaltensänderung

Schulungen zur Verhaltensänderung wurden in jede Programmaktivität integriert. Freiwillige in den Bereichen Ernährung und Gesundheit besuchten Frauen in ihren Häusern und Gemeinschaften und sprachen über Gesundheit, Ernährung und Hygienepraktiken. Mitglieder der Gemeinschaften wurden in Gesundheits-, Ernährungs- und Hygienemassnahmen geschult, um sie an ihr Umfeld weiterzugeben. Im Rahmen dieses Selbsthilfemodells wurden Mütter ausgewählt, Anzeichen von Unterernährung bei Kindern, sowie schwangeren und stillenden Frauen zu erkennen, und ihnen die Behandlung in einer Medair-Gesundheitseinrichtung ans Herz zu legen.

 

Medair hat in den letzten vier Jahren insgesamt 17 Gemeinschaften unterstützt. Die Unterernährungsraten sind unter die Notfallschwelle gesunken. Das Ziel ist damit erreicht. Jetzt ist es Zeit, die Verantwortung an lokale Behörden und deren Partnerorganisationen zu übergeben.

Die Generaldirektorin des Gesundheits- und Umweltministeriums, Santina Chan Aweu, dankte den Medair-Teams: «Die Lage hat sich verbessert, das muss man anerkennen. Medair hat lokale Kompetenzen gestärkt und ist in Gebiete vorgedrungen, die keine andere NGO jemals erreicht hat.

Medair arbeitet eng mit den Gemeinschaften zusammen und wird überall akzeptiert. Die Menschen und wir werden Medair vermissen.»

Zum Abschluss unseres Projekts in Aweil blicken wir dankbar zurück auf die Arbeit und die Teams, mit denen wir zusammengearbeitet haben. Die Gemeinschaften haben uns vertraut und mit offenen Armen willkommen geheissen. Der Abschied fällt schwer, jedoch können wir in der Gewissheit gehen, dass unsere Arbeit viel Positives bewirkt hat.

 

 

Titelbild: ©MAF/LuAnne Cadd

1 2016 Medair Pressemitteilung


Die Leistungen von Medair in Aweil werden von der britischen Regierung, der United States Agency for International Development (USAID) und grosszügigen privaten Spenderinnen und Spendern finanziert.

Dieser Artikel wurde von Mitarbeitenden von Medair in den Einsatzgebieten und am internationalen Hauptsitz verfasst. Die vertretenen Ansichten sind ausschliesslich die von Medair und in keiner Weise auf offizielle Positionen anderer Hilfsorganisationen übertragbar.

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