Pressemitteilung

Ein Jahr nach der Explosion in Beirut

Libanon wird zur humanitären Krise

3 August 2021  /  Beirut - Libanon

Daniela Dönges

Pressesprecherin
daniela.doenges@medair.org
+33 6 20 09 40 53

Ein Jahr nach der schweren Explosion im Hafen von Beirut leidet der Libanon unter der schlimmsten Krise seit 30 Jahren. Lange Zeit galt das auch “Schweiz des Nahen Ostens” genannte Land als Stabilitätsgarant für die gesamte Region.  Seit 2019 liegt der Währungsverlust des libanesischen Pfund bei 90%. Laut Aussage der Weltbank handelt es sich um eine der schwersten Wirtschaftskrisen seit 150 Jahren.

Die Explosion am 4. August 2020 geschah zu einer Zeit, in der das Land bereits von wirtschaftlichen und politischen Unruhen sowie den Auswirkungen von Covid-19 gezeichnet war. Dazu kam die Anzahl der aus Syrien Geflüchteten. Seit Anfang der Krise in Syrien sind über eine Million Menschen in den Libanon geflohen. Damit beherbergt das Land laut Aussage der UN-Flüchtlingsagentur auf die Bevölkerung gerechnet die weltweit höchste Anzahl von Geflüchteten pro Kopf.

„Schon vor der Explosion belastete die wirtschaftliche und politische Lage libanesische Familien, humanitäre Hilfe wurde jedoch vorwiegend für Geflüchtete aus Syrien geleistet, die seit beinahe zehn Jahren aus ihrer Heimat vertrieben waren“, erklärt Anna Chilvers, Landesdirektorin für die Schweizer Hilfsorganisation Medair. „Seit der Explosion hat sich die Lage für libanesische Familien verschlechtert. Erst haben sie Geflüchtete unterstützt, jetzt stecken sie selbst in der Krise.“

Aufgrund des Währungs- und damit einhergehenden Kaufkraftverlusts des libanesischen Pfund lebt laut Einschätzung der UN heute über die Hälfte der libanesischen Bevölkerung unterhalb der Armutsgrenze. Das durchschnittliche Einkommen ist auf rund 80 US-Dollar gesunken, gleichzeitig sind Lebensmittelpreise in unerschwingliche Höhen gestiegen. Eine Flasche Milch kostet umgerechnet 13 US-Dollar – für einkommensschwächere Familien ein Drittel ihres Gehalts. Ende Juli warnte das UN-Kinderhilfswerk darüber hinaus vor einem drohenden Zusammenbruch der öffentlichen Wasserversorgung.             

Im Anschluss an die Explosion hat Medair Wiederaufbauhilfe und psychosoziale Unterstützung für betroffene Familien geleistet. Während dieser Zeit ist die Zahl der libanesischen Familien, die Hilfe in den Bereichen Gesundheit, Routineimpfungen und psychosoziale Unterstützung suchen, stetig gestiegen.

“Wir sind seit 2012 im Libanon tätig und bieten medizinische Grundversorgung für libanesische und geflüchtete Familien,“ so Chilvers. „Vor einigen Jahren kamen vielleicht 30 bis 50 libanesische Familien in eine der von uns unterstützten Kliniken. Diesen Juli waren es beinahe 800.“

Medair ist eine internationale Hilfsorganisation mit Sitz in der Schweiz. Seit 2012 arbeitet Medair im Libanon und leistet Nothilfe in den Bereichen Gesundheit, psychosoziale Unterstützung und Unterkünfte für geflüchtete und einkommensschwache Familien in Beirut, Südlibanon und dem Bekaatal. Seit Juni 2021 leitet Medair daneben eine Covid-19 Impfkampagne in Saida, Südlibanon.

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Medair ist eine internationale humanitäre NGO, die Nothilfe und Wiederaufbau für von Naturkatastrophen, Konflikten und anderen Krisen betroffene Menschen leistet.

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Dieser Artikel wurde von Mitarbeitenden von Medair in den Einsatzgebieten und am internationalen Hauptsitz verfasst. Die vertretenen Ansichten sind ausschliesslich die von Medair und in keiner Weise auf offizielle Positionen anderer Hilfsorganisationen übertragbar.